Zuständigkeiten des Landtages
sig erfolgt ist>.*!7 Massgebend waren wohl rechtsstaatliche Gründe,*!8
die auch für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit sprachen, nimmt die
Regierung doch in der Verfassung von 1921 eine wesentlich andere Stel-
lung ein als in der Konstitutionellen Verfassung von 1862. Sie ist ein
eigenständiges Organ geworden.
Das Staatsgerichtshofgesetz von 2003 hält an dieser strafrechtlichen
Ministerverantwortlichkeit unverändert fest.“!1? Praktische Bedeutung
kommt diesem Institut allerdings nicht zu.%° Eine Anklageerhebung
bedarf einer qualifizierten Landtagsmehrheit,*! die angesichts der heuti-
gen Parteienkonstellation in Regierung und Landtag kaum zu erreichen
sein wird. Es ist wohl davon auszugehen, dass «regierungsrelevante Per-
sonalprobleme» parteipolitisch bereinigt werden, bevor es zu einer
Anklage beim Staatsgerichtshof kommen kann.“? Als erschwerend für
eine Anklage dürfte sich auch der weit gefasste bzw. unbestimmt gehal-
tene Tatbestand einer «absichtlichen oder grob fahrlässigen Verletzung
der Verfassung oder sonstiger Gesetze» erweisen.*2?
417 Siehe Art. 44 Abs. 1 SEGHG 1925, Art. 104 Abs. 2 LV 1921 und zur Entstehungsge-
schichte Herbert Wille, Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein,
S. 11 £. und 14 f. Vgl. für Österreich Art. 76 i. V.m. Art. 142 B-VG. Siehe auch vorne
S. 204 und 216.
418 Die Verwirklichung des Rechtsstaates war eines der zentralen Themen der Verfas-
sungsreform von 1921. Vgl. Otto Ludwig Marxer, Die Organisation der obersten
Staatsorgane, S. 79.
419 Vgl. Art. 104 Abs. 1 und Art. 62 Bst. g LV 2003 sowie Art. 28 Abs. 1 SIGHG 2003.
420 In diesem Sinne schon Otto Ludwig Marxer, Die Organisation der obersten Staats-
organe, S. 78, wenn er ausführt: «Wie in allen parlamentarischen Staaten wird auch
bei uns die politische Verantwortlichkeit bei weitem das Übergewicht haben, sie ist
ein viel leichter zu handhabendes, bewegliches Instrument, als die an strenge For-
men gebundene Ministerverantwortlichkeit.»
421 Siehe Art. 58 LV.
422 Vgl. Rolf Grawert, Verantwortlichkeit, S. 584.
423 Siehe Art. 28 Abs. 1 SIGHG 2003. Es fragt sich auch, ob ein solcher Straftatbestand
vor dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot standzuhalten vermag. Zum
Bestimmtheitsgebot einer Strafnorm siehe Tobias Michael Wille, Keine Strafe ohne
Gesetz, S. 428 ff. Rz. 28 ff. Vgl. zur strafrechtlichen Behandlungsweise der Minis-
terverantwortlichkeit in der staatsrechtlichen Lehre des 19. und des beginnenden
20. Jahrhunderts Friedrich Greve, Ministerverantwortlichkeit, S. 55. Gegen eine sol-
che Behandlungsweise sprach damals, wie er festhält, dass es nicht möglich war, die
einzelnen Verfassungsverletzungen gesetzlich zu normieren. «Ein strafrechtlicher
Tatbestand, der allgemein die <Verfassungs- oder Gesetzesverletzung» unter Strafe
stellte, wäre aber viel zu unbestimmt und würde gegen die Grundsätze des moder-
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