Zuständigkeiten des Landtages
2. Gesetze und Finanzbeschlüsse
Der Gesetzesbegriff ist im Wesentlichen durch das in den Art. 64 ff. LV
festgelegte Gesetzgebungsverfahren bestimmt. Gesetze werden in der
Regel als «allgemeine abstrakte Normierungen»* oder «generell-abs-
trakte Rechtsvorschriften»? definiert, die in einem formellen Gesetzge-
bungsverfahren erlassen werden. Normen oder Rechtsvorschriften, die
nicht in einem solchen formellen Gesetzgebungsverfahren erlassen wer-
den, werden als Verordnungen bezeichnet.
Der Staatsgerichtshof vertritt in seiner Rechtsprechung einen weit
gefassten Gesetzesbegriff.?*® Er umfasst auch bloss formelle Gesetze, die
keine Rechte oder Pflichten für die Staatsbürger begründen, wie dies bei
den Finanzbeschlüssen oder Voranschlägen der Fall ist, die als Anhang
der jährlichen Finanzgesetze des Landtages erlassen werden.?5
Finanzbeschlüsse des Landtages ergehen in einem formellen Ge-
setz.351 Im Finanzrecht gilt der Gesetzesvorbehalt als oberster Grund-
satz.” Im Allgemeinen bildet der jährliche Voranschlag, der als Anlage
zum Finanzgesetz bewilligt wird, die Rechtsgrundlage für Ausgaben.
Die Regierung ist jedoch gemäss Art. 69 Abs. 2 und 3 LV vorbehaltlich
der nachträglichen Genehmigung durch den Landtag befugt, im Voran-
345 Die Verfassung kennt keinen Gesetzesbegriff, auch wenn sie in Art. 104 Abs. 2 for-
mal dem Stufenbau der Rechtsordnung folgt. Vgl. Martin Batliner, Politische Volks-
rechte, S. 167 unter Bezugnahme auf Gerard Batliner, Die liechtensteinische Rechts-
ordnung, S. 105.
346 Diese Formulierung ist dem StGH-Gutachten vom 23. Februar 1953, ELG 1947 bis
1954, S. 264 (265) entnommen.
347 Hilmar Hoch, Verfassung- und Gesetzgebung, S. 207.
348 Zum Gesetzesbegriff im Normenkontrollverfahren siehe Herbert Wille, Normen-
kontrolle, S. 210 ff.
349 Zu den sogenannten selbständigen Verordnungen, die auf der Stufe eines Gesetzes
stehen, siehe Herbert Wille, Normenkontrolle, S. 216 f.
350 Vgl. die Beispiele solcher Gesetze bei Thomas Allgäuer, Die parlamentarische Kon-
trolle über die Regierung, S. 187; für Deutschland siehe Ernst Benda/ Eckart Klein
/Oliver Klein, Verfassungsprozessrecht, S. 281 Rz. 676, die die Vorlagefähigkeit
bzw. die Normenkontrolle von nur-formellen Gesetzen (z. B. Haushaltsgesetzen)
bejahen; ebenso Klaus Schlaich/Stefan Korioth, Bundesverfassungsgericht, S. 95
Rz. 127 mit Bezug auf BVerfGE 20, 56 (97).
351 Vgl. Gerard Batliner, Einführung in das liechtensteinische Verfassungsrecht, S. 52.
352 Vgl. Andreas Schurti, Verordnungsrecht — Finanzbeschlüsse, S. 246 f.
353 Vgl. Andreas Schurti, Verordnungsrecht — Finanzbeschlüsse, S. 258 f.
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