Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Geschichtliche Grundlagen und Rechtsstellung 
zu benachrichtigen.” Damit der Landtag in einem solchen Fall über die 
Immunität bzw. die Aufhebung oder Aufrechterhaltung der Haft ent- 
scheiden kann, müsste er wieder einberufen werden, da dem Landesaus- 
schuss dieses Recht nicht zukommt. 
Die Immunität im Sinne von Art. 56 LV ist als Schutz vor Verhaf- 
tung ausgestaltet. Sie setzt nicht voraus, dass die Straftat mit der parla- 
mentarischen Tätigkeit des Abgeordneten in einem Zusammenhang 
steht. Sie erfasst demnach alle strafbaren Handlungen, die zu einer Ver- 
haftung führen. In der Staatspraxis ist von einer «ausserparlamentari- 
schen» Immunität die Rede.!® Sie ist insoweit der österreichischen «aus- 
serberuflichen Immunität» vergleichbar, die allerdings einen weiterge- 
henden Schutz beinhaltet.!*! Der Landtag hat nämlich auf das 
Strafverfahren selbst, d. h. ob es eingeleitet und durchgeführt wird, kei- 
nen Einfluss.1!® Die Immunität stellt so gesehen für die Dauer der Sit- 
zungsperiode lediglich ein «prozessuales Haft- oder Verhaftungshinder- 
nis»1% dar und geht insoweit nicht über den Schutz hinaus, wie ihn 
schon die Konstitutionelle Verfassung von 1862 den Mitgliedern des 
Landtages gewährleistet hatte. 
  
99 So auch schon $ 108 KV 1862. 
100 Vgl. die nicht-öffentliche Landtagssitzung vom 13. Mai 2000 zum Antrag des Land- 
gerichts auf Einwilligung des Landtages zur Verhaftung des Abgeordneten Gabriel 
Marxer, nicht-öffentliches Landtagsprotokoll, S. 36. 
101 Nach Art. 57 Abs. 2 bis 5 B-VG sind auch strafbare Handlungen immunisiert, wel- 
che offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des 
Abgeordneten stehen. Diese «ausserberufliche Immunität» soll im Unterschied zu 
Art. 56 Abs. 1 LV nicht nur vor Verhaftung, sondern auch vor Verfolgung wegen 
strafbarer Handlungen schützen, zu denen gerichtlich und verwaltungsbehördlich 
strafbare Handlungen gehören. Vgl. Heinz Mayer, Das österreichische Bundes-Ver- 
fassungsrecht, S. 260 und Stefan Seiler, Strafprozessrecht, S. 5 f. 
102 Vgl. auch die nicht-öffentliche Landtagssitzung vom 13. Mai 2000 zum Antrag des 
Landgerichts auf Einwilligung des Landtages zur Verhaftung des Abgeordneten Ga- 
briel Marxer, nicht-öffentliches Landtagsprotokoll, S. 36. Dem Antrag des Landge- 
richts auf Aufhebung der Immunität lag bereits ein anhängiges Strafverfahren zu- 
grunde, in dem «an verschiedenen Orten und in verschiedenen Objekten mehrere 
Hausdurchsuchungen» durchgeführt wurden. 
103 Heinz Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht, S. 261 spricht von ei- 
nem «prozessualen Verfolgungshindernis». Es ist in diesem Zusammenhang auch 
von einem «Immunitätsprivileg> (Reinhold Zippelius/Thomas Würtenberger, 
Deutsches Staatsrecht, S. 401 Rz. 85) oder von einem «prozessuale(n) Verfolgungs- 
privileg>» (Pierre Tschannen, Staatsrecht, S. 395) die Rede. 
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