Geschichtliche Grundlagen und Rechtsstellung
Schutzbereich erstreckt sich demnach auf die gesamte parlamentarische
Tätigkeit des Abgeordneten.
II. Der Landtag als Staatsorgan
Der Landtag ist in seinem personellen Bestand ein Organ des Staates, das
vom Volk in einem Wahlakt bestellt wird, der ihn auch als dessen Reprä-
sentationsorgan legitimiert. In den Fällen, in denen der Landtag allein,
also ohne Volk, entscheidet, sei es, dass er allein zuständig ist, z. B. beim
Vorschlag zur Ernennung von Regierungsmitgliedern, sei es, dass über
einen Landtagsbeschluss (Gesetzesbeschluss, Finanzbeschluss, Zustim-
mung zu einem Staatsvertrag) eine Volksabstimmung nicht stattfindet,
weil eine solche weder vom Landtag von sich aus angeordnet noch vom
Volk im Wege eines Referendumsbegehrens verlangt wird, entscheidet er
anstelle des Volkes als Staatsorgan. Der vom Landtag geformte Wille ist
nach der Staatslehre unmittelbar als Wille des Volkes zu betrachten.“
Der Landtag besitzt organisationsrechtlich die Stellung einer eigen-
ständigen Gewalt. Er handelt aus eigenem Recht, wenn er seinen Aufga-
ben in «Vertretung» des Volkes nachkommt,” zu dem er in einem
Organverhältnis steht,® sodass er als sekundäres Staatsorgan bezeichnet
wird, das über ein grosses Mass an Selbständigkeit verfügt. Es steht ihm
zwar kein Selbstversammlungs- und Selbstauflösungsrecht zu, doch
räumt ihm die Verfassung die Geschäftsordnungsautonomie ein.® Der
hängigkeit des Abgeordneten unvereinbar (S. 78). Diese Verfassungsbestimmung ist
mit LGBl. 1997 Nr. 46 aufgehoben worden.
66 Gerard Batliner, Parlament, S. 44 f. unter Bezugnahme auf Georg Jellinek, Allge-
meine Staatslehre, S. 546.
67 Der staatsrechtliche Begriff der Vertretung des Volkes ist nach Hans Hugo Klein in:
Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar zu Art. 38, S. 33 Rz. 41 dem privatrecht-
lichen Begriff der Vertretung nicht gleichzusetzen.
68 Thomas Allgäuer, Die parlamentarische Kontrolle über die Regierung, S. 39.
69 Vgl. Art. 60 LV und dazu die Geschäftsordnung für den Landtag des Fürstentums
Liechtenstein vom 19. Dezember 2012 (GOLT), LGBIL. 2013 Nr. 9. Die Geschäfts-
ordnung stellt nach Gregor Steger, Fürst und Landtag, S. 112 ein «formelles
Gesetz» dar, steht aber nach Klaus Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 83 im Range unter
der Verfassung und den einfachen Gesetzen. Die Geschäftsordnung für den Land-
tag des Fürstenthums Liechtenstein vom 29. März 1863, LGBI. 1863 Nr. 1, war bis
zur Geschäftsordnung vom 23. Mai 1969, LGBl. 1969 Nr. 28, in Kraft. Siehe den
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