Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Der Landesfürst als Staatsoberhaupt 
tionellen Verfassung von 1862 erhalten hat.” Im Unterschied zu heute 
war damals der Fürst frei in seinem Recht, die Regierung zu ernennen 
und zu entlassen. Die Gegenzeichnung der Akte des Fürsten begrün- 
dete dessen politische Verantwortlichkeit. So sind neben den Gesetzen 
auch die Erlasse und Verordnungen, die vom Fürsten ausgehen, zu 
ihrer Gültigkeit vom Regierungschef gegenzuzeichnen.? Dieser über- 
nimmt die Verantwortung für diese Akte im Innenverhältnis zum Fürs- 
ten, rechtlich im Sinne gerichtlicher Verantwortlichkeit für die Recht- 
mässigkeit der Akte (Ministeranklage)® und politisch gegenüber dem 
Landtag (Volk). Gerard Batliner charakterisiert die Gegenzeichnungs- 
kompetenz als «ein negatives Kontrollinstrument des Regierungschefs» 
fassungsstaat unverzichtbare Verantwortlichkeit für Akte des Monarchen zu be- 
gründen. So Klaus Schlaich, Funktionen des Bundespräsidenten, S. 568 Rz. 61; vgl. 
auch Michael Nierhaus, Grundgesetz, Art. 58, S. 1312 f. Rz. 2. Roman Herzog, All- 
gemeine Staatslehre, S. 282 vermerkt, dass die Gegenzeichnung ihre Entstehung dem 
konstitutionellen Verfassungsdenken verdankt. Nach Hans v. Frisch, Die Verant- 
wortlichkeit der Monarchen, S. 106 bildet «die Unverantwortlichkeit der Staats- 
häupter und die das notwendige Korrelat darstellende Verantwortlichkeit der Mi- 
nister» den «Schlussstein des Konstitutionalismus». Vgl. auch Friedrich Greve, Mi- 
nisterverantwortlichkeit, S. 42. 
29 Siehe $ 94 Abs. 2 Amtsinstruktion von 1862 und Ziffer 3 Amtsinstruktion von 1871, 
auf deren Wortlaut Art. 85 LV zurückgeht. 
30 Dieser Umstand hätte es dem Fürsten ermöglicht, einen Landesverweser, der sich 
ihm widersetzte, abzuberufen und ihn durch einen anderen zu ersetzen, der ihm 
gefügig war. 
31 Vgl. z. B. die Kundmachung vom 24. Dezember 1921, LGBl. 1922 Nr. 1, in der 
Prinz Franz von Fürst Johann IT. mit der Ausübung des ihm auf dem Gebiete der 
Vertretung des Fürstentums nach aussen zustehenden Hoheitsrechte betraut wurde. 
Zur Person von Prinz Franz von Liechtenstein siehe Marija Wakounig, in: Histori- 
sches Lexikon, Bd. 1, S. 532 f. 
32 Vgl. Art. 65 und 85 LV. Das entsprach auch der damaligen Rechtslehre. Siehe Axel 
Schulz, Die Gegenzeichnung, S. 28 und 54. 
33 Vgl. Art. 62 Bst. g i. V. m. Art. 28 ff. SSGHG. Danach kann der Landtag gegen ein 
Mitglied der Regierung Anklage wegen Verletzung der Verfassung oder sonstiger 
Gesetze vor dem Staatsgerichtshof erheben. Sollte ein Regierungschef wegen der 
Gegenzeichnung eines fürstlichen Aktes strafrechtlich zur Verantwortung gezogen 
werden, räumt die Verfassung dem Fürsten in Art. 12 Abs. 1 LV das Recht ein, das 
Strafverfahren niederzuschlagen (Abolitionsrecht). So Gerard Batliner/ Andreas 
Kley/Herbert Wille, Memorandum, S. 8 Ziffer 24; in diesem Sinne auch Christine 
Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 177 ff. mit weiteren Hinweisen; vgl. auch Tobias 
Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 227 f. 
34 Vgl. Klaus Schlaich, Die Funktionen des Bundespräsidenten, S. 568. 
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