Autonomes Satzungsrecht des Fürstlichen Hauses
Die Verfassung kann autonomes Recht institutionell gewährleisten. Es
ist aber theoretisch immer denkbar, diese Rechtsetzungsautonomie
durch Verfassungsänderung bzw. durch ein verfassungsänderndes
Gesetz aufzuheben. Es steht mit anderen Worten in der alleinigen
Zuständigkeit des Verfassungsgesetzgebers, die Materie des Hausgeset-
zes ganz oder teilweise an sich zu ziehen.!°® Wäre dem nicht so, würde
der normative Gehalt der Verfassung nicht im Rechtswillen des Trägers
der verfassunggebenden Gewalt — Fürst und Volk bzw. Landtag — seinen
letzten Ursprung haben, sondern in der politischen Entscheidung einer
anderen Institution als derjenigen des Staates, wie beispielsweise eines
Organs des Fürstenhauses, das nicht am Verfassungsgebungsprozess
teilnimmt, der kompetenz- und verfahrensrechtlich bestimmt ist.!®® Die
Verfassung lässt es aber nicht zu, dass ausserhalb des für die Verfas-
sungsänderung vorgesehenen Verfahrens dem Verfassungsrecht neue
sachliche Gehalte zugefügt werden.!7°
$6 AUTONOMES SATZUNGSRECHT
DES FÜRSTLICHEN HAUSES
I. Begriff und Inhalt
Die Autonomie bzw. Selbständigkeit des Fürstlichen Hauses ist staats-
bzw. verfassungsbezogen zu verstehen, da sie ihm von Verfassungs
wegen zusteht. Sie beinhaltet im Allgemeinen die Zuständigkeit zur
168 Die Verfassung überlässt das Hausrecht des Fürstlichen Hauses nach einer Formu-
lierung von Georg Meyer/Gerhard Anschütz, Lehrbuch des deutschen Staats-
rechts, S. 288 der «konkurrierenden Zuständigkeit von Haus- und Staats- bzw. Ver-
fassungsgesetzgebung». So auch Otto Ludwig Marxer, Die Organisation der obers-
ten Staatsorgane, S. 4 f., wenn er festhält, dass die autonome Gesetzgebung des
Hauses natürlich jederzeit durch die Verfassungsgesetzgebung ausgeschaltet werden
könnte. Vgl. auch Günther Winkler, Verfassungsreform, S. 291.
169 Siehe Art. 65 IV. Das Argument der «dualen Struktur der Landesverfassung», wie
es die Regierung in BuA Nr. 35/2002, S. 7 und Günther Winkler, Verfassungsreform,
S. 291 verwenden, ist in diesem Zusammenhang, in dem es um das Verhältnis von
Hausrecht und Staatsrecht geht, nicht einsichtig. Eine duale Struktur weist die
Staatsordnung auf, die auf den zwei Trägern der Staatsgewalt Fürst und Volk beruht.
170 Formulierung in Anlehnung an Dietrich Pirson, Der Kirchenvertrag, S. 191 f.
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