Rechtsgrund des Hausgesetzes des Fürstlichen Hauses
Es ist denn auch entwicklungsgeschichtlich gesehen die Verfassung, die
im Zuge des Konstitutionalismus des 19. Jahrhunderts die Autonomie
des Hausrechts zum Gegenstand macht. Der Status des Hausgesetzes als
eigene Rechtsquelle gründet sich, was jene Regelungen betrifft, die in
$ 3 KV 1862 erwähnt sind, nämlich die Erblichkeit der Regierung
(Thronfolge), die Volljährigkeit des Landesfürsten und des Erbprinzen
sowie eine allfällige Vormundschaft, dementsprechend auf die Verfas-
sung von 1921 und nicht auf «überkommenes Fürstenrecht».125
Das Fürstliche Haus kann sich nicht aus eigenem Recht ein Haus-
gesetz geben. Dieses gilt nicht für sich und aus sich selbst, sondern erst
aufgrund der Verfassung, die ihr dieses Recht einräumt bzw. diese Mög-
lichkeit zum Erlass eines Hausgesetzes für die staatliche Rechtsordnung
eröffnet.
II. Staats- und verfassungstheoretische Erwägungen
1. Staat und Staatsgewalt
a) Staat als oberste Autorität
Es ist ein Postulat des neuzeitlichen Staatsbegriffs, dass dem Staat die
oberste Autorität über alles Recht in seinem Territorium zukommt. Der
Staat kann bei seinem Handeln in seinem Territorium nicht einer recht-
lichen Bindung unterliegen, die auf eine ausserstaatliche bzw. ausserver-
fassungsrechtliche Norm bzw. Rechtsquelle zurückzuführen wäre, wie
es das Hausgesetz in seiner Präambel vorgibt. Eine solche Bindung
würde bedeuten, dass dem Staat die innere Souveränität fehlt, eine
Eigenschaft, auf die er um der Autorität seiner Rechtsordnung willen
nicht verzichten kann. Das Hausgesetz muss daher, wie jeder sonstige
rechtserhebliche Vorgang innerhalb des staatlichen Territoriums, nach
der staatlichen Rechtsordnung beurteilt werden.!?7
125 A. A. Günther Winkler, Verfassungsreform, S. 278 ff., 282 ff.
126 Sie beruft sich auf den traditionellen Legitimitätsgrund der früheren dynastischen
Herrschaft (Eigengesetzgebung), um den Geltungs- und Gestaltungsanspruch des
Fürstlichen Hauses zu rechtfertigen. Vgl. LGBl. 1993 Nr. 100.
127 Formulierung in Anlehnung an Dietrich Pirson, Der Kirchenvertrag als Gestal-
tungsform der Rechtsbeziehungen, S. 181.
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