Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Staatsrecht und Hausrecht 
Anspruch aber, der im modernen Staate wurzelt, kann natürlich auch 
dessen Gesetzgebungsmacht nicht entrückt sein.$! 
II. Konstitutionelle Verfassung von 1862 
1. Kompetenz der Hausautonomie 
Die Konstitutionelle Verfassung von 1862 ordnet die Thronfolge nicht 
selbst. Sie verweist in $ 3% auf die Hausgesetze, in denen die Thronfolge, 
die Stellvertretung und vorkommendenfalls die Vormundschaft geregelt 
sind. Sie zählte zu jener Kategorie von Staaten, die die hausgesetzlichen 
Bestimmungen in der Kompetenz der Hausautonomie des Fürstenhau- 
ses Liechtenstein belassen hat.® Sie unterscheidet sich von denjenigen 
Staaten, wie beispielsweise die Königreiche Bayern und Württemberg, 
die schon in der frühkonstitutionellen Verfassungsphase das gesamte, 
ehemals von der Autonomie der regierenden Familie ausgebildete 
Thronfolgerecht ganz auf den Staat übernommen haben,** d. h. zum Ver- 
fassungsrecht umgebildet haben, sodass es nur im verfassungsgesetzli- 
chen Verfahren geändert werden konnte.® Mit einer derartigen Verfas- 
sungsregelung vergleichbar ist der Verfassungsentwurf des ständischen 
Verfassungsrates vom 1. Oktober 1848, der das Hausrecht, insbesondere 
die thronfolgerechtlichen Bestimmungen, in den Verfassungstext aufge- 
nommen und ins Verfassungsrecht transferiert hat.% In diesem Sinne 
  
81 So Wilhelm Reidelhuber, Hausrecht und Staatsrecht, S. 20. 
82 Es heisst dort: «nach Massgabe der Hausgesetze» ist die Regierung erblich im Fürs- 
tenhause Liechtenstein (Thronfolge). Sie sind auch massgebend für die Volljährig- 
keit des Landesfürsten und des Erbprinzen wie auch für die Vormundschaft. 
83 Georg Meyer / Gerhard Anschütz; Lehrbuch des deutschen Staatsrechts, S. 287 f. 
84 Vgl. auch Dieter Gosewinkel/Johannes Masing, Die Verfassungen in Europa: Nor- 
wegen (S. 699 ff.), Niederlande (S. 865 ff.), Belgien (S. 1305 ff.) und Luxemburg 
(S. 1323 ff). 
85 Vgl. aus heutiger Sicht Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 267 f. Fn. 271 
und Günther Winkler, Verfassungsrecht, S. 11. 
86 Vsl. die $$ 40 bis 46 des Verfassungsentwurfs des ständischen Verfassungsrates vom 
1. Oktober 1848; vgl. auch Cyrus Beck, Der Vorbehalt des Gesetzes der liechten- 
steinischen konstitutionellen Verfassung von 1862, S. 158. In diese Richtung weisen 
auch der Verfassungsvorschlag der Landtagskommission von 2000 und der Verfas- 
sungsvorschlag der Freien Liste von 1996. Beide sind einschlägig publiziert, in: Wil- 
fried Marxer, Das Hausgesetz des Fürstenhauses, S. 42-44. 
258
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.