Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Verfassungsgeschichtliche Grundlagen 
II. Der Staat als Juristische Person 
1. Allgemeines 
Dass man heute dem Staat eine eigene Rechtspersönlichkeit zuerkennt, 
erscheint nahezu selbstverständlich.”? Das ist aber unter der Landständi- 
schen Verfassung von 1818 nicht der Fall. In dieser spätabsolutistischen 
Verfassungsphase war nicht der Staat, sondern der Landesfürst als 
Rechtsperson anerkannt. Landesfürst und Staat waren gleichsam iden- 
tisch. Man könnte auch davon sprechen, dass er den Staat «personali- 
siert» hat. Es galt denn auch nach der bis in das 19. Jahrhundert vertre- 
tenen Patrimonialtheorie® das Staatsgebiet als Eigentum des Landes- 
herrn und gegebenenfalls als ererbtes Vermögen der Familie des 
Landesherrn. Der Fürst hatte sozusagen das Obereigentum an dem 
Staatsgebiet, wobei die Einwohner in zivilrechtlichem Sinne als Zugehör 
zu Grund und Boden betrachtet wurden. Die monarchische Gewalt ist 
die gottgegebene, erbliche Herrschaft, gewissermassen «Eigengut» des 
Fürsten selbst. Er ist Patrimonialherr.” 
2.  Konstitutionelle Übergangsbestimmungen von 1849 
Noch bis zu den Konstitutionellen Übergangsbestimmungen von 1849 
liess die Realität der absolutistischen Fürstenherrschaft keinen Zweifel 
daran aufkommen, dass die Souveränität dem Landesfürsten zuzuschrei- 
ben ist. Da in der konstitutionellen Monarchie Volksvertretung und 
52 Ulrich Häfelin, Die Rechtspersönlichkeit des Staates, S. 1. 
53 Siehe 1806 zur Souveränität. Der Fürst war der Souverän. 
54 Karl Doehring, Allgemeine Staatslehre, S. 42 Rz. 89. 
55 Burchard Graf von Westerholt, Patrimonialismus und Konstitutionalismus, 5. 15 
bezeichnet Karl Ludwig von Haller als «Vater des Patrimonialismus». Zu seiner 
Rechts- und Staatstheorie siehe S. 35 ff. In den 1890er-Jahren zeigen sich in der 
deutschen Staatsrechtslehre zunehmend «neopatrimoniale Strömungen». So Jens 
Kersten, Georg Jellinek, S. 39. Siehe auch vorne S. 247 f. Fn. 32. 
56 Vgl. Karl Doehring, Allgemeine Staatslehre, S. 32 Rz. 65. 
57 Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts, Bd. 2, S. 105. 
58 Siehe auch die $$ 34 und 64 des Verfassungsentwurfs des ständischen Verfassungs- 
rates vom 1. Oktober 1848. 
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