Verfassungsgerichtsbarkeit
II. Normativität der Verfassung
1. Allgemeinverbindlichkeit
Die hohe Bedeutung der Verfassung kommt aber nicht nur darin zum
Ausdruck, dass sie gleichsam die Spitze der innerstaatlichen Normenpy-
ramide (Stufenbau der Rechtsordnung) markiert, sondern auch in ihrer
Normativität. Sie ist «allgemein verbindlich»,*? bindet also auch den
Gesetzgeber, Fürst und Volk bzw. Landtag, und markiert so verfas-
sungshistorisch und verfassungsdogmatisch einen bedeutsamen Unter-
schied zur Konstitutionellen Verfassung von 1862, die bisher nur für
«alle Landesbürger verbindlich» war.??
2. Verfassungsgebundenes Staatshandeln
Staatliches Handeln legitimiert sich aus der Verfassung, d. h. aus der
Übereinstimmung mit der Verfassung. Sie verlangt verfassungsgebunde-
nes Handeln aller staatlichen Gewalten. Es gibt so gesehen nur «verfas-
sungslegitimierte Akteure».
IN. Sicherung der Verfassung
1. Normenkontrollbefugnis
Es liegt in der Kompetenz des modernen Rechtsstaats, dass auch die Ver-
fassung für ihre Geltung und Beobachtung einer Sicherung bedarf.?25
Verfassungsgerichtsbarkeit ist eine spezifische Form der Verfassungssi-
cherung, die im Staatsgerichtshof institutionalisiert ist. Die Befugnis des
Staatsgerichtshofes, die Verfassungsmässigkeit der Gesetze und die Ver-
322 Siehe Art. 111 LV 1921 bzw. neu: Art. 112 Abs. 1 LV 2003.
323 Siehe $ 119 KV 1862. Fürst Johann II. seinerseits verspricht in der Schlusserklärung,
die Bestimmungen dieses Landesgrundgesetzes «genau» zu erfüllen und es gegen
alle Eingriffe und Verletzungen «kräftigst» zu schützen.
324 Klaus Joachim Grigoleit, Bundesverfassungsgericht, S. 6.
325 Christoph Gusy, Richterliches Prüfungsrecht, S. 10.
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