Demokratisierung und Parlamentarisierung der konstitutionellen Erbmonarchie
lismus an.? Es kann weder der Landtag gegen den Willen des Fürsten
noch der Fürst gegen den Willen des Landtags eine Regierung bzw. ein
Regierungsmitglied einsetzen oder entlassen. Solange der Landesfürst
über eine «effektive Entscheidungsmacht» verfügt,2?! kann nicht von
einer parlamentarischen Regierungsform gesprochen werden.
Die konstitutionell-monarchische Gewaltenteilung zwischen Lan-
desfürst und Volksvertretung ist in dieser Ausprägung eine Variante von
mehreren Gestaltungsmöglichkeiten des monarchischen Konstitutiona-
lismus, der, was das Kräfteverhältnis zwischen Monarch und Parlament
anlangt, in den jeweiligen Verfassungen der konstitutionellen Verfas-
sungsphase unterschiedlich verwirklicht worden ist. Die Auseinander-
setzung um die Kontrolle der Regierung zog sich durch das ganze
19. Jahrhundert hin. Dem Kreis der konstitutionell-monarchischen Ver-
fassungen, die im Exekutivbereich noch keine Gewaltenteilung kennen,
ist zwar die Verfassung von 1862 zuzuordnen, nicht aber diejenige von
1921, die sich in dieser Hinsicht der Volksbeteiligung in Form einer Mit-
bestimmung des Landtages geöffnet hat.
V. Verfassungsnovelle von 2003
1. Allgemeines
Neu geregelt wird das Ausscheiden der Regierung bei Vertrauensverlust
auf Seite des Landesfürsten und des Landtages. Nicht berührt wird das
Verfahren der Bestellung bzw. Einsetzung der Regierung. Der Regie-
rungschef und die Regierungsräte werden nach wie vor vom Landes-
fürsten einvernehmlich mit dem Landtage auf dessen Vorschlag
ernannt.?? Die Verfassungsrevision lässt mit anderen Worten den Bestel-
lungsmodus der Regierung unverändert, fasst aber in Art. 80 LV die
Amtsenthebung bzw. -entlassung gänzlich neu, die je nachdem, ob es
sich um die Regierung als Ganzes (Kollegialregierung) oder um ein ein-
230 Vgl. Martin Kirsch, Monarch und Parlament im 19. Jahrhundert, S. 172.
231 Martin Kirsch, Monarch und Parlament im 19. Jahrhundert, S. 172 f.
232 Siehe Art. 79 Abs. 2 LV 1965.
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