Parlamentarische Regierungsteilhabe
des Landtages vom Landesfürsten ernannt wird, und zwei Regierungs-
räten besteht, die vom Landtag «aus der wahlfähigen Bevölkerung» des
Oberlandes bzw. des Unterlandes gewählt werden. Dieses Regierungs-
kollegium bestimmt einen der beiden Regierungsräte zum Stellvertreter
des Landammanns, der Landtag wählt die Stellvertreter der Regierungs-
räte. Regierungsmitglieder können nur Landesbürger sein.!® Die
Schlossabmachungen folgen in Ziffer 3 diesem Muster, heben noch
eigens hervor, dass der Fürst den Landammann und seinen Stellvertreter
«einvernehmlich» mit dem Landtag «über dessen Vorschlag» ernennt,
und dass für dieses Amt nur «gebürtige»1% Liechtensteiner infrage kom-
men. Die zwei Regierungsräte und ihre Stellvertreter wählt der Landtag,
wobei er beide Landschaften (Oberland und Unterland) zu berücksich-
tigen hat. In Abweichung davon bindet die Regierungsvorlage diese
Wahl der Regierungsräte in $ 79 Abs. 2 an die Bestätigung durch den
Landesfürsten und präzisiert, dass sie vom Landtag «aus der wahlfähigen
Bevölkerung unter gleichmässiger Berücksichtigung beider Landschaf-
ten gewählt» werden. Auch als Landammann und als Stellvertreter des
Landammanns kommen nur Personen in Betracht, die dem Kreis «der
wahlfähigen Bevölkerung des Fürstentums» angehören. Den Bestel-
lungsmodus des Landammanns und seines Stellvertreters ändert die
185 Zur Nationalitätsfrage siehe Rupert Quaderer, Der historische Hintergrund der
Verfassungsdiskussion, S. 122 ff. und Rupert Quaderer-Vogt, Bewegte Zeiten, Bd. 2,
S. 205 f. und 215.
186 Die Bestellung der Regierung mit Liechtensteinern war ein Postulat der Volkspartei.
So hielt der Vorsitzende des Vollzugsausschusses, Dr. Martin Ritter, in einer Erklä-
rung vor dem Landtag am 12. November 1918 u.a. fest: «Bisher stand die Regierung,
richtiger der jeweilige einem fremden Staate angehörige und ihm ausserdem durch
Diensteid verpflichtete Landesverweser, der allein, wenn auch verfassungswidrig, so
doch tatsächlich die Regierung darstellte und ausübte, auf dem Standpunkte, dass er
als vom Fürsten eingesetztes Vollzugsorgan über dem Landtag und somit über dem
Willen des Volkes stehe und wurde der Wille des Landtages bzw. Volkes nur insoweit
beachtet, als es dem jeweiligen Landesverweser bzw. der ihm übergeordneten Kanz-
lei in Wien, deren Weisungen er befolgen musste, genehm war.» Zitiert nach Herbert
Wille, Landtag und Wahlrecht, S. 89. Der Begriff «gebürtiger Liechtensteiner>» stellt
beim Erwerb der Staatsangehörigkeit auf die Geburt ab und schliesst einen Erwerb
auf dem Wege der Aufnahme und der Verleihung durch den Landesfürsten aus. Siehe
Gesetz vom 28. März 1864 über die Erwerbung und über den Verlust des liechten-
stein’schen Staatsbürgerrechts, LGBl. 1864 Nr. 3. Zur Person von Martin Ritter siehe
Rupert Quaderer, in: Historisches Lexikon, Bd. 2, S. 773.
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