Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Verfassungshoheit und Teilung der Staatsgewalt 
setzte aber voraus, dass kein Verfassungsorgan den Vollbesitz der politi- 
schen Macht für sich beanspruchen konnte und sie zwischen den beiden 
politischen Grundgewalten, Fürst und Volk, geteilt werden musste. !% 
3. "Träger der Verfassunggebung 
Die Verfassung von 1921 knüpft zwar an das bisherige konstitutionell- 
monarchische Verfassungsrecht an, ordnet es aber grundlegend neu, 
indem sie neben dem Landesfürsten als alleinigem Träger der Staatsge- 
walt auch das Volk zum (Mit-)Träger erklärt.!® Die Staatsgewalt wird 
mit anderen Worten zwischen ihnen geteilt und von ihnen gemeinsam 
ausgeübt. Sie werden im Grunde bereits von der Konstitutionellen Ver- 
fassung von 1862, die sie zur Verfassungsänderung ermächtigt, als künf- 
tige Träger der Verfassunggebung ausgewiesen.!® Sie treten denn auch, 
wie die Entstehungsgeschichte illustriert, als Träger der Verfassungge- 
bung auf, sodass die Verfassung von 1921 mehr ist als nur ein Akt der 
Selbstbeschränkung monarchischer Staatsgewalt, wie dies für die 
Konstitutionellen Verfassung von 1862 kennzeichnend gewesen ist.!” 
Es geht auch in der neuen Verfassung nicht mehr nur darum, die monar- 
chische Staatsgewalt zu begrenzen, sondern sie zwischen Fürst und 
Volk aufzuteilen. Wilhelm Beck!® betont die «ganz andere Stellung 
  
104 Es ist allerdings nicht zu übersehen, wie der Europarat kritisch konstatiert, dass die 
Staatsoberhauptfunktionen des Fürsten zu weitreichend sind (auch im Vergleich zu 
den Befugnissen europäischer Monarchen). Vgl. Michael Elicker, Gedanken zum 
Ende der Monarchie, 5. 221 f.; Peter Häberle, Monarchische Strukturen, 5. 376. 
105 Im Referat von Wilhelm Beck zum Gesetz betreffend die Ausübung der politischen 
Volksrechte in Landesangelegenheiten, eingelangt am 8. August 1922, LLA, Land- 
tagsakten 1922/L 4 (diese Akte habe ich freundlicherweise von Rupert Quaderer 
erhalten), S. 1 heisst es: «Das Volk ist nach Art. 2 der Verfassung zum Mitträger und 
Mitinhaber der Staatsgewalt (Souveränität) geworden.» 
106 Vgl. Hartmut Maurer, Entstehung und Grundlagen der Reichverfassung, S. 29 ff. 
zur Präambel der Reichsverfassung vom 16. 4. 1871. 
107 Diese steht auf dem Boden des monarchischen Prinzips, sodass sie als freiwillige 
Selbstbeschränkung des Fürsten erscheint, dessen Herrschaftsrecht vor der Verfas- 
sung liegt und nicht von dieser begründet wird. Vgl. zur konstitutionellen Verfas- 
sunggebung Christian Hermann Schmidt, Vorrang der Verfassung, S. 46. 
108 Vgl. Wilhelm Beck, Referat zum Gesetz betreffend die Ausübung der politischen 
Volksrechte in Landesangelegenheiten, S. 2; siehe Fn. 105. 
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