Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Verfassungsrevision von 1921 
Regierungsvorlage und dann auch die Verfassung von 1921 übernehmen 
diesen Wortlaut. Sie ziehen rechtlich die Konsequenz aus der Tatsache, 
dass der Landtag bereits nach bisherigem Recht an der Legislativgewalt 
beteiligt ist und er insoweit zusammen mit dem Fürsten die Staatsgewalt 
ausübt.” Die Regierungsvorlage wendet sich daher bewusst von der 
«blossen Fiktion»!® ab, wonach die gesamte Staatsgewalt dem Fürsten 
zusteht. !°! 
2. Keine Antwort auf die Souveränitätsfrage 
Die Verfassung legt sich in der Frage nach der Souveränität nicht fest. 
Nach Art. 2 ist die Staatsgewalt im Fürsten und im Volke verankert. Mit 
diesen Worten lässt sie die «heikle Frage, woher die Staatsgewalt kommt, 
von wo sie ausgeht, unbeantwortet, zumindest in einer gewissen 
Schwebe».1 Auf diese Weise konnte der Verfassunggeber einer Antwort 
auf die bisher ungeklärte Souveränitätsfrage ausweichen, ohne für die 
eine oder andere Seite Stellung nehmen zu müssen, da mit dem monar- 
chischen Prinzip und der demokratischen Volkssouveränität zwei gegen- 
sätzliche Legitimationsprinzipien in Konkurrenz zueinander standen.!® 
Eine nicht nur formal, sondern auch substanziell gewaltenteilende Ver- 
fassung, wie sie sich im Vorfeld der Verfassung von 1921 abzeichnete, 
99 Vgl. Henning Uhlenbrock, Der Staat als juristische Person, S. 36. 
100 Otto Ludwig Marxer, Die Organisation der obersten Staatsorgane, S. 3. 
101 Die Beschränkung der Staatsgewalt durch das Mitspracherecht des Landtages 
bedeutete nicht deren Teilung. Dies wollte ja gerade das monarchische Prinzip, wie 
es in $ 2 der Konstitutionellen Verfassung von 1862 festgeschrieben wurde, verhin- 
dern. Vgl. Wilhelm Mössle, Regierungsfunktionen, S. 41. 
102 Gerard Batliner, Einführung in das liechtensteinische Verfassungsrecht, S. 43: Er 
lehnt zu Recht die oft in der Öffentlichkeit verwendete Formel von den zwei «Sou- 
veränen» ab (S. 57). Kritisch auch Norbert Haas, Ein Land wie Heimat, S. 31 ff. 
Peter Häberle, Monarchische Strukturen, S. 369 meint, dass diese Verankerung der 
Staatsgewalt im Fürsten und im Volk die «textliche Basis für die Lehre von den «zwei 
Souveränem»>» bilde, «die der amtierende Fürst (Hans) Adam II. jüngst in seiner 
Thronrede vom Herbst 1992 bekräftigt» habe. 
103 Werner Heun, Das monarchische Prinzip und der deutsche Konstitutionalismus, 
$.53. Nach Karl Doehring, Allgemeine Staatslehre, S. 90 Rz. 212 ist in der deut- 
schen Staatstheorie nie endgültig und allgemeinverbindlich geklärt worden, wer in 
der konstitutionellen Monarchie als der Souverän angesehen wurde. 
178
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.