Verfassungshoheit und Teilung der Staatsgewalt
dass sie der Landtag beschliesst und der Landesfürst einem diesbezügli-
chen Beschluss des Landtages zustimmt.
IL.
1.
Teilung der Staatsgewalt
Herkunft und Entstehung
Der zweite Halbsatz in Art. 2 LV, wonach die Staatsgewalt im Fürsten
und im Volke verankert ist, hat verschiedene textliche Vorbilder. Der
Verfassungsentwurf des ständischen Verfassungsrates vom 1. Oktober
1848 sieht die «höchste Gewalt in Bezug auf Gesetzgebung, Verwaltung
u. Rechtspflege beim Fürsten und Volke vereint» ($ 34).” Wilhelm Beck
formuliert in seinem Verfassungsentwurf vom Februar 1919°, dass die
Staatsgewalt auf dem Landesfürsten und dem Volke beruht. Die Schloss-
abmachungen vom September 1920 halten in der Folge fest, dass die
Staatsgewalt «im Fürsten und ım Volk verankert» werden soll. Die
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Art. 66 Abs. 1 LV 1921 geht von einem Beschluss des Landtages (Art. 58 Abs. 1 LV
1921) aus, dem die Sanktion des Landesfürsten (Art. 65 Abs. 1 LV 1921) zugrunde
liegt. Das heisst, dass sich die Sanktion an diesen Beschluss des Landtages an-
schliesst. Unter diesem Aspekt ist die Formulierung in Art. 65 Abs. 1 LV 1921 zu
ungenau, wenn sie von einer «Zustimmung des Landtages» spricht. Sie folgt damit
dem Wortlaut des $ 24 Abs. 1 KV 1862. Diese Verfassung bzw. der Gesetzgebungs-
akt ist von der fürstlichen Exekutive her geprägt gewesen, wie dies bei der Verfas-
sung von 1921 nicht mehr der Fall ist. Siehe zu den Einleitungsformeln von Geset-
zen nach der Verfassung 1921 Herbert Wille, Landtag und Wahlrecht, S. 126 ff. und
128 Fn. 22. Die heute gängige Eingangsformel hat richtigerweise den Beschluss des
Landtages zum Ausgangspunkt und lautet demnach: «Dem nachstehenden vom
Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung». Siehe zur Kritik auch
hinten 5. 718 f.
Nach Albrecht Randelzhofer, Staatsgewalt und Souveränität, S. 705 bedeutet dies
für die «innere Souveränität», dass kraft der Souveränität die Staatsgewalt nach
innen die rechtlich höchste Gewalt ist, die über allen anderen steht. Vor dem Hin-
tergrund der damals als Einheit gedachten Staatsgewalt wurden Fürst und Volk als
«zweieinheitlicher Träger der Staatsgewalt» verstanden. So Jörg-Detlef Kühne, Aus-
sprache, S. 177; siehe auch Hans Boldt, Von der konstitutionellen Monarchie zur
parlamentarischen Demokratie, S. 179. Nach Gerard Batliner, Parlament, S. 20 Fn.
27 handelt es sich nicht um die Teilung der Staatsgewalt, «sondern um geteilte oder
gemeinsame Kompetenzausübung innerhalb der einen Staatsgewalt». Vgl. auch
Walter Kieber, Regierung, Regierungschef, Landesverwaltung, S. 294.
Art. 3 Verfassungsentwurf von Wilhelm Beck.
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