Verfassungsrevision von 1921
1. Amtsdauerbeschränkung der Regierung
Die Verfassungskommission votierte generell gegen eine Amtsdauerbe-
schränkung des Regierungschefs und wandte sich damit, wie sie zu ver-
stehen gab, gegen den «starren Parlamentarismus»,® der auf die liech-
tensteinischen Verhältnisse nicht passe. Er sei mit «unruhigen Begleiter-
scheinungen» verbunden, da alle vier Jahre mit einem Wechsel des
Regierungschefs gerechnet werden müsse. Dies sei der Fall, wenn man
die Amtszeit des Regierungschefs mit derjenigen des Landtages ver-
knüpfe, wie dies die Regierungsvorlage in $ 79 vorsah.” Sie sprach sich
für eine zeitlich unbegrenzte Amtsdauer des Regierungschefs aus und
änderte dementsprechend die Regierungsvorlage, wobei sie die Amts-
dauerbeschränkung der Regierungsräte, die sich an derjenigen des Land-
tages orientierte, bestehen liess.
Dieser Beschluss der Verfassungskommission fand aber keine
Mehrheit im Landtag, der sich in der Sitzung vom 24. August 1921 für
einen Mittelweg entschied und die Amtsdauer des Regierungschefs und
seines Stellvertreters auf sechs Jahre festsetzte und diejenige der Regie-
rungsräte und ihrer Stellvertreter mit der Amtsdauer des Landtages ver-
band, wie dies schon die Regierungsvorlage und die Verfassungskom-
mission vorgeschlagen hatten.
Diese Diskussion über die Amtsdauerbeschränkung zeigt auch,
welche politische Bedeutung dem Regierungschef innerhalb der Regie-
rung beigemessen wird, die an diejenige des Landesverwesers in der
bisherigen Regierung des Fürsten erinnert. Seine hervorgehobene Stel-
lung unterstreicht, dass die Bestellung einvernehmlich zwischen Fürst
und Landtag erfolgen soll. Sein Regierungsamt liess es nicht zu, dass er
wie die Regierungsräte gleichzeitig auch dem Landtag angehören
konnte.® Es war das Bestreben der konservativen Kräfte, den Regie-
66 Hans Nawiasky, Rechtsgutachten, S. 21.
67 Vgl. Herbert Wille, Regierung und Parteien, S. 112 ff.
68 Nach dem Bericht über die Beschlüsse der Verfassungskommission gefasst in den
Sitzungen vom 15. und 18. März 1921 (Berichterstatter Dr. Eugen Nipp), S. 4, in:
LLA, RE Verfassungsakt 1921/963, müssen die Regierungsräte «nicht Abgeordnete
sein, sie können es aber sein». Siehe heute Art. 46 Abs. 4 LV in der Fassung LGBl.
1997 Nr. 46, wonach die Mitglieder der Regierung nicht gleichzeitig auch Mitglie-
der des Landtages sein können.
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