Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Gang der Entwicklung 
rend Wilhelm Beck mit seinem Entwurf, den er im Februar 1919 
der Regierung übermittelt hatte, eine Totalrevision der Verfassung 
anstrebte.?! 
2. Verfassungsentwurf von Wilhelm Beck 
Nach diesem Verfassungsentwurf soll das Fürstentum Liechtenstein eine 
souveräne demokratische Monarchie auf parlamentarischer Grundlage 
bilden (Art. 1) und die Staatsgewalt auf dem Landesfürsten und dem 
Volke beruhen (Art. 3). Formal fällt auf, dass der Verfassungsentwurf die 
Rechte und Pflichten des Volkes im III. Hauptstück vor denjenigen des 
Landesfürsten im IV. Hauptstück regelt. 
Der Landesfürst ist das Staatsoberhaupt und übt sein Recht an der 
Staatsgewalt gemäss der Verfassung aus (Art. 29). Er bleibt im Besitze 
des Sanktionsrechts, das er im Lichte der Verfassung auszuüben hat. Es 
bedarf zu seiner Gültigkeit der Gegenzeichnung eines Regierungsmit- 
gliedes, «das dadurch die Verantwortung übernimmt» (Art. 31). Der 
Landtag ist das verfassungsmässige Organ der Gesamtheit der Landes- 
angehörigen, das die Interessen des Landes und des Volkes nach den 
Bestimmungen der Verfassung wahrzunehmen hat (Art. 35). Der Verfas- 
sungsentwurf schränkt das Notverordnungsrecht des Landesfürsten 
wirksam ein, indem er «jede solche Massregel» der nachträglichen 
Zustimmung des Landtages unterstellt. Wird sie verweigert, ist die 
Anordnung aufzuheben (Art. 32 Abs. 2). 
Der Verfassungsentwurf gesteht auch dem Volk neben dem Land- 
tag und dem Landesfürsten ein Gesetzesinitiativrecht zu. So können 400 
wahlfähige Bürger einen Gesetzesvorschlag in den Landtag einbringen, 
den dieser in seiner nächsten Sitzung zu behandeln hat. Die näheren Vor- 
schriften überlässt er dem Gesetzgeber (Art. 50). 
Der Landammann wird auf Vorschlag des Landtages vom Landes- 
fürsten ernannt. Alle Regierungsmitglieder sind aus Landesbürgern zu 
bestellen (Art. 60). Es wird parlamentarisch regiert und es hat daher ein 
  
30 Publiziert in O.N. Nr. 47 vom 12. Juni 1920 bis Nr. 52 vom 30. Juni 1920. 
31 Herbert Wille, Regierung und Parteien, S. 92 f.; vgl. auch Rupert Quaderer, Der his- 
torische Hintergrund der Verfassungsdiskussion, 5. 125 f. 
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