Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Gang der Entwicklung 
tarisierung» der Regierung sind gestellt. Der Landtag hat eine Mitspra- 
che bei der Bestellung des Landesverwesers. Die Wahl der beiden Regie- 
rungsräte ist seine Angelegenheit geworden. Sie gehört nicht mehr zum 
exklusiven Machtbereich des Fürsten. 
Der Fürst hat seine Reformbereitschaft unter Beweis gestellt. Sie 
hängt allerdings mit der politischen Lage im Lande zusammen und ist zu 
einem grossen Teil von ihr bestimmt, wie man dem Bericht der Fürstli- 
chen Hofkanzlei vom 26. April 1919 an das Staatssekretariat des Äusse- 
ren in Wien entnehmen kann. Dort heisst es: «Im Herbste 1918 trat als 
unvermeidliche Folge der in Österreich-Ungarn und Deutschland 
erfolgten politischen Umwälzungen auch im Fürstentum Liechtenstein 
eine Strömung zu Tage, welche auf eine demokratischere Gestaltung der 
Verfassung und mancher bestehender Einrichtungen gerichtet war. Seine 
Durchlaucht, der regierende Fürst begegnete diesen Wünschen mit 
«weitgehendstem Wohlwollen» und entsandte seinen Neffen, den Prin- 
zen Karl von und zu Liechtenstein zwecks Einleitung entsprechender 
Verhandlungen in das Fürstentum [...].»?* 
Es scheint auch, dass Landesfürst und Landesverweser, in dessen 
Vertretung Josef Ospelt,? sich bei der Frage der Nachfolge des Prinzen 
Karl von Liechtenstein im Frühjahr 19202 nicht mehr an den sanktio- 
nierten Landtagsbeschluss vom 10. Dezember 1918 gehalten haben, 
wonach der Landesverweser vom Landesfürsten einvernehmlich mit 
dem Landtag bestellt wird. Sie rückten nämlich von der vereinbarten 
Verfassungsänderung ab und vertraten einen anderen Standpunkt, wenn 
es in der Kundmachung der fürstlichen Regierung vom 30. April 192077 
zur Protestresolution von Anton Walser, die dieser als Obmann der 
Christlich-sozialen Volkspartei dem Landesfürsten unterbreitet hatte, 
  
24 LLA, SF Präs. 1919/Zl. 17, zitiert aus Herbert Wille, Monarchie und Demokratie, 
S$.172. 
25 Zu seiner Person siehe Rupert Quaderer, in: Historisches Lexikon, Bd. 2, 5. 682 f. 
26 Der Landesfürst hatte Dr. Josef Peer, Hofrat beim Verwaltungsgerichtshof in Wien, 
ehemaliger Bürgermeister der Stadt Feldkirch, als Landesverweser vorgesehen. Zu 
den Auseinandersetzungen in der sogenannten «Peerfrage» siehe Rupert Quaderer, 
Der historische Hintergrund der Verfassungsdiskussion, S. 121 ff.; ders., Feldkirchs 
Bürgermeister Josef Peer, S. 7 ff. (insbesondere S. 9 ff.) und Herbert Wille, Regie- 
rung und Parteien, S. 86 ff. 
27 O.N. Nr. 35 vom 1. Mai 1920. 
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