Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Zentrale Verfassungsfragen 
Fürst und Volksvertretung wurden gleichermassen zu Organen des Staa- 
tes erklärt. Der Fürst galt nicht mehr als souverän im Sinne der alten Lehre 
von der Herrschersouveränität, sondern als «Repräsentant» des Staates 
oder der Staatsgewalt. Er steht im Staat, nicht über dem Staat. Er ist Be- 
standteil des Staates. Fürst und Volksvertretung werden dem Staat unter- 
stellt.”5 Der Gefahr der Gleichstellung wich man aus, indem man die Or- 
ganstellung des Monarchen als eines «Staatsoberhauptes» heraushob und 
ihn als «Träger» der Staatsgewalt bezeichnete,*® ihm Organsouveränität 
zusprach. Damit qualifizierte man ihn als «höchstes Staatsorgan».*77 
Auf diese Weise konnte das Dogma von der ausschliesslichen und 
unteilbaren Souveränität erhalten bleiben, da die Souveränität des Staa- 
tes einheitlich und ungeschmälert war und logisch unbezweifelbar alle 
Staatsgewalt vom Staat ausgeht.”® Die Einheitlichkeit der Staatsgewalt 
kam in einer Mehrheit von Organen zum Ausdruck. Es konnte so auch 
die Gewaltenteilungslehre angenommen werden.”? Der Terminus 
«Staatssouveränität» diente dem Zweck, das Zugeständnis einer geteilten 
Souveränität zu vermeiden.*8° 
In der Unterscheidung zwischen «Organsouveränität» und 
«Staatssouveränität» spiegelt sich die verfassungsgeschichtliche Ablö- 
sung des Fürstenabsolutismus.*! Das auf das Land bezogene Herr- 
schaftsrecht hatte sich zur organschaftlichen Befugnis im Staat gewan- 
delt, während der Staat Träger der Souveränität wurde. 
Die Qualifizierung des Staates als «juristische Person», also die 
Erfassung des Staates als eigene Persönlichkeit, geht auf Albrechts These 
von der juristischen Staatspersönlichkeit zurück.“ Sie bedeutete den 
gehört». Mit der Übertragung der Souveränität auf den Staat werde die Legitimi- 
tätsproblematik weitgehend ausgeblendet. 
475 Siehe als Beispiel den Verfassungsentwurf des Verfassungsrates vom 1. Oktober 
1848 und dazu Peter Geiger, Geschichte, S. 105 ff. (108 f.). 
476 Hans Boldt, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 195. 
477 Vgl. Dietrich Jesch, Gesetz und Verwaltung, 5. 87 f. 
478 Dietrich Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 176 f. 
479 Vgl. Georg Meyer / Gerhard Anschütz, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts, S. 18 f. 
480 Volker Haas, Strafbegriff, Staatsverständnis und Prozessstruktur, S. 78 Fn. 63. 
481 Görg Haverkate, Verfassungslehre, S. 27. 
482 Dazu hält Henning Uhlenbrock, Der Staat als juristische Person, S. 39 ff. (54) fest: 
«Indem Albrecht die Souveränität weder dem Monarchen noch dem Volk zuschrieb, 
sondern einem von diesen Subjekten verschiedenen, Monarch und Volk aber umfas- 
senden, höheren Corpus zum Träger der Souveränität erklärte, durchbrach er den 
gordischen Knoten des Verfassungsdualismus. Die Staatssouveränität bedeutete die 
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