Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Monarchischer Konstitutionalismus 
Wien war die «Recursinstanz über Entscheidungen der Landesregierung 
ın Administrativ- und Finanzangelegenheiten und wirkte zugleich auch 
als Appellationsgericht über die gerichtlichen Urtheile und Bescheide 
des Landgerichtes».#1 Die Beamten der Hofkanzlei wurden als Diener 
des Fürsten von diesem beliebig ernannt und entlassen. Die Rechtspre- 
chung gilt noch als Teil der Exekutive. 
Justiz und Verwaltung sind nur insoweit institutionell voneinander 
getrennt, als das «Oberlandesgericht zu Innsbruck» als dritte Instanz 
den obersten Gerichtshof für das Fürstentum bildet.*? Es ist nur in sei- 
ner Funktion als Gericht und nicht auch als Aufsichtsbehörde über die 
«Justizverwaltung» des Fürstentums tätig. Der Fürst räumt ihm in 
bestimmten «Zivilfällen» das «unabhängige Erkenntniss» ein und ver- 
zichtet in bestimmten Fällen auf die Berichterstattung. In diesem 
Umfang bleibt die Ausübung der rechtsprechenden Gewalt Sache des 
Gerichts. Der individuelle Rechtsschutz ist ein Stück weit gesichert, da 
die Richter der Einflusssphäre des Fürsten entzogen sind. Der Fürst 
beschränkt sich auf das Begnadigungsrecht in «Kriminalfällen». Auf 
diese Weise versucht man, einerseits auf den Souveränitätsanspruch des 
Fürsten und andererseits auf die Stellung des obersten Gerichtshofes als 
unabhängige Gerichtsinstanz Rücksicht zu nehmen.*3 Es zeichnet sich 
in diesem Vorgehen bis zu einem gewissen Grad eine Respektierung 
unabhängiger Rechtsprechung ab. 
Die Fürstliche Verordnung vom 30. Mai 1871 trennt die Justiz- 
pflege von der Administration.** Die bisher dem Landgericht zugewie- 
senen politischen Amtsgeschäfte werden der Regierung übertragen. 
Gegen ihre Entscheidungen steht die Berufung an die politische Recurs- 
instanz in Wien offen.*5 Das Landgericht hat sich nur mehr «mit der 
431 $91 Amtsinstruktion von 1862. 
432 $ 92 Amtsinstruktion von 1862 und Ziffer 46 Amtsinstruktion von 1871. 
433 Vgl. Rupert Quaderer, Politische Geschichte, S. 172 ff.; Volker Press, Das Fürsten- 
tum Liechtenstein, 5. 66 f. 
434 LGBl. 1871 Nr. 1 (im Internet abrufbar unter: <www.e-archiv.li>). Im Anhang ist 
die entsprechend geänderte Amtsinstruktion von 1871 beigegeben. Schon der Ver- 
fassungsentwurf der Landstände vom 22. Dezember 1861, den Landesverweser Karl 
Haus von Hausen am 29. Dezember 1861 dem Fürsten übermittelte, sah grundsätz- 
lich die Trennung von Justiz und Verwaltung sowie die Rechtsprechung durch aus- 
schliesslich geprüfte Richter vor. So Peter Geiger, Geschichte, S. 272. 
435 Ziffer 18 Amtsinstruktion von 1871. 
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