Monarchischer Konstitutionalismus
zu.”0 Er verfügt über ein Verordnungsrecht,?! das nicht dem Gesetzes-
vorrang unterliegt.?”? Die Vermutung spricht insoweit für die Verwal-
tungskompetenz des Fürsten und seiner Regierung, als Verfassung und
Gesetze sie nicht ausdrücklich einschränken. Ist die Mitwirkung des
Landtages nicht vorgesehen bzw. seine Befugnis nicht nachgewiesen,
bleibt das Verordnungsrecht des Fürsten, das sich aus der Exekutivge-
walt ergibt, vollauf erhalten.
Dieser Umstand erhellt, dass der Begriff des Gesetzes und der
Umfang der gesetzgebenden Gewalt die politische Machtverteilung zwi-
schen Landesfürst und Landtag stark beeinflusste.” Die Abgrenzung
der selbständigen Normsetzungsbefugnis der fürstlichen Exekutive
gegenüber der Gesetzgebungsgewalt, an der der Landtag mitentschei-
dend beteiligt ist, scheint nicht zu Diskussionen geführt zu haben, da der
Landtag eine aktive Rolle bei der Gestaltung der Rechtsordnung und des
monarchischen Staates einnahm.?* Man versuchte den Zuständigkeits-
bereich der Gesetzgebungsgewalt nach sachlich-inhaltlichen Kriterien
abzugrenzen und auszufüllen.”5 Gegenstände, die für Land und Volk
von Wichtigkeit und Bedeutung waren, wurden in der Regel auf gesetz-
lichem Weg erlassen.”® Als Beispiele können Steuern und Abgaben
370 Als Beispiel kann die Amtsinstruktion von 1862 bzw. 1871 angesehen werden. Im
Übrigen vgl. Peter Geiger, Geschichte, S. 300 mit Verweis auf Gregor Steger, Fürst
und Landtag, S. 86 und Ernst Pappermann, Die Regierung des Fürstentums Liech-
tenstein, S. 74 ff.
371 Der Berater des Fürsten, Justus Timotheus Balthasar von Linde, tritt im Zusammen-
hang mit dem Verfassungsentwurf der Landstände vom 22. Dezember 1861 für ein
umfassendes Verordnungsrecht des Fürsten ein. So Peter Geiger, Geschichte, S. 274.
372 Martin Kirsch, Monarch und Parlament im 19. Jahrhundert, S. 324.
373 Vgl. Ernst-Wolfgang Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, S. 73.
374 Bei der Abgrenzung der Gesetze von den Verordnungen des Fürsten bzw. seiner
Regierung hing die Reichweite der Zustimmungskompetenz des Landtages letztlich
vom politischen Kräftespiel zwischen der fürstlichen Regierung und dem Landtag
ab. Vgl. Wilhelm Mössle, Regierungsfunktionen des Parlaments, S. 48.
375 Ernst-Wolfgang Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, S. 385 f.
376 Vgl. zur diesbezüglichen Lehre des gemeindeutschen Staatsrechts Hasso Hofmann,
Allgemeinheit des Gesetzes, S. 31; zum liechtensteinischen Gesetzesbegriff unter
der Konstitutionellen Verfassung von 1862 siehe Cyrus Beck, Der Vorbehalt des
Gesetzes der liechtensteinischen konstitutionellen Verfassung von 1862, S. 109 ff.
und 148 ff.
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