Monarchischer Konstitutionalismus
4. Teilhabe an der Legislativgewalt
Diese parlamentarische Befugnis entpuppte sich jedoch faktisch als echte
Teilhabe an der Ausübung der Staatsgewalt.?3 Soweit die Mitwirkungs-
rechte des Landtages reichten, sind nämlich beide aufeinander angewie-
sen, sodass es insoweit zu einer Gewaltenteilung kommt.?!* Hier sind die
Befugnisse des Landtages als «Teilhabe an der Bestimmung des Staats-
willens» zu deuten, denn die Mitwirkung zieht der monarchischen
Staatsgewalt nicht nur eine Grenze. Die konstitutionelle Monarchie war
nicht einfach nur eine verfassungsmässig beschränkte Monarchie, son-
dern eine von parlamentarischer Mitbestimmung beschränkte Monar-
chie. In diesem Dualismus reduzierte sich die Bedeutung des monar-
chischen Prinzips vorrangig auf eine Zuständigkeitsvermutung zuguns-
ten des Monarchen.?15
VI. Stand der Verfassungsentwicklung
1. Fürst und Volksvertretung
Nach der Konstitutionellen Verfassung von 1862 gehört das absolute
Vetorecht des Fürsten zum unabdingbaren Attribut der Monarchie.?16
Der Landesfürst und sein Berater Justus Timotheus Balthasar von Linde
1862 etwa lautete: «[...] mit Zustimmung des Landtages verfüge(n)/verordne(n) Ich
(Wir) [...]». So LGBI. 1864 Nr. 3; LGBL. 1865 Nr. 6; LGBI. 1869 Nr. 6, 7, 8, 9 und
LGBl. 1869 Nr. 10 und 11; LGBl. 1875 Nr. 2 und 3. Es wird gelegentlich auch die
Formulierung «im Einvernehmen mit dem Landtag» (so LGBl. 1874 Nr. 11, Sani-
tätsgesetz) verwendet.
313 Vgl. Stefan Korioth, «Monarchisches Prinzip», S. 51.
314 Rechtlich die Konsequenz aus dieser Entwicklung zieht Art. 2 LV 1921, der das
Volk an der Staatsgewalt beteiligt. Vgl. dazu Art. 65 Abs. 1 LV 1921 und die ab 1922
bis heute gebrauchte Eingangsformel: «[...] dem nachstehenden vom Landtag
gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung [...]>» (so LGBl. 1922 Nr. 16).
Gelegentlich trifft man aber nach Inkrafttreten der Verfassung von 1921 noch die
althergebrachte Eingangsformel an.
315 Stefan Korioth, «Monarchisches Prinzip», S. 51 f.
316 So auch die Auffassung des rechten Flügels der Liberalen in der Deutschen Natio-
nalversammlung. Vgl. Manfred Botzenhart, Deutscher Parlamentarismus in der
Revolutionszeit, S. 94.
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