Die Aktualität der benediktinischen Lebensform:
Erinnerungen an Disentis
Günther Boss
Disentis - Kloster Disentis — Benediktiner: Diese Assoziationen ver-
binde ich spontan mit der Person von Georg Malin. Das Benediktiner-
kloster in Disentis ist ein gemeinsamer Schnittpunkt zwischen der Bio-
grafie Georg Malins und meinem eigenen Lebenskreis. Wie man dem
Lebenslauf Georg Malins entnehmen kann, arbeitete bereits sein Vater
Josef als Stuckateur in der Barockkirche des Klosters in der bündneri-
schen Surselva. Sein Onkel Georg war als Pater Benedikt Mitglied der
Klostergemeinschaft und unterrichtete an der Klosterschule Mathematik
und Naturwissenschaften. Georg Malin selbst hat am Gymnasium des
Klosters maturiert. Bis heute ist den Mönchen und Besuchern der Abtei
Disentis der Name Georg Malin vertraut: In den 1980er-Jahren gestal-
tete Malin den östlichen Innenhof der Klosteranlage. Mit dem «X-Wür-
fel» begann dort seine bekannte Buchstabenserie. Das X ist zugleich das
Emblem des Klosters Disentis.
Kloster auf Zeit
Die Abtei Disentis blickt auf eine lange und ungebrochene Tradition
zurück. Das Kloster wurde in merowingischer Zeit, um das Jahr 720,
gegründet. Im Jahr 2014 feierte man am Vorderrhein unter dem Motto
«Stabilitas in progressu» (Beständigkeit im Voranschreiten) 1400 Jahre
Kloster Disentis. Generationen von Mönchen haben dort das Leben im
Geiste Benedikts gestaltet und damit die Kultur und Gesellschaft weit
über diese bündnerische Bergregion hinaus geprägt.
Für diese Festschrift möchte ich einige ausgewählte Aspekte bene-
diktinischer Lebensform für heute erschliessen. Sicherlich gibt es beru-
fenere Stimmen für benediktinische Spiritualität. Aber ich empfinde eine
persönliche Verbundenheit mit dem Kloster Disentis und dem benedik-
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