Verfassung vom 5. Oktober 1921
desverfassung vom 14. März 1919 direktdemokratische Rechte einge-
führt wurden. Darin entsprach die Volksabstimmung nach $ 4 dem Re-
ferendum, das Volksbegehren nach $ 5 der Initiative nach Schweizer
Vorbild.15?
Die Promotoren der neuen liechtensteinischen Verfassung, allen
voran der Abgeordnete Wilhelm Beck, orientierten sich am schweizeri-
schen Vorbild der direkten Demokratie. Wilhelm Beck selbst hatte sei-
ne juristische und anwaltliche Ausbildung und einige Berufsjahre in
der Schweiz absolviert, weshalb für ihn die Bestimmungen der Bundes-
verfassung sowie von Kantonsverfassungen als Vorlagen naheliegend
waren. Die Neuorientierung Richtung Schweiz, die sich im aussen- und
wirtschaftspolitischen Bereich abzeichnete, hatte sich also bereits bei der
Verfassungsausarbeitung angekündigt. Entsprechend sind die Formulie-
rungen zu den direktdemokratischen Rechten mit den in der Schweiz
üblichen Bezeichnungen «Initiative» und «Referendum» versehen.
Sowohl die Vorarlberger wie auch die liechtensteinische Verfassung
nahmen grundsätzlich die schweizerische Direktdemokratie, wie sie ins-
besondere in den kantonalen Verfassungen Gestalt angenommen hatte,
bei der Abfassung der entsprechenden Bestimmungen als Vorlage.!9? In
Vorarlberg wurden direkte Volksrechte in der Verfassung von 1919 ein-
geführt, noch ehe sie auf der Ebene des Bundesstaates geregelt waren.
Auf Vorarlberg folgten 1921 die Lander Tirol und Salzburg, erst rund
50 Jahre spáter folgten auch weiter óstlich gelegene Bundeslánder.!e!
Die künftige Staatszugehórigkeit Vorarlbergs war in jener Zeit noch
offen. Es gab Bestrebungen zu einem Anschluss an die Schweiz und an
159 Siehe Ausführungen von Dr. Johann Josef Mittelberger in der 13. Vorarlberger Lan-
desversammlung vom 14. März 1919, S. 2. Mittelberger war federführend bei der
Ausarbeitung der Verfassung Vorarlbergs von 1919 beteiligt (nach Karl Heinz Bur-
meister, Artikel «Vorarlberger Landesverfassungen des 19. und 20. Jahrhunderts» in
der Vorarlberg Chronik, http://www.vol.at/chronik [Zugriff 8.1.2014]).
160 Zur Entstehung der Vorarlberger Verfassung von 1919 siehe Háfele 2006, auch Wan-
ner 1983. Für Bussjáger (2004, S. 46) war noch nicht bekannt, welche kantonale Ver-
fassung als Vorlage genommen wurde. Hàfele (2006, S. 129, 135ff.) wies dann aller-
dings nach, dass die Vorarlberger Verfassung von 1919 in den Fragen der direkten
Demokratie der St. Galler Kantonsverfassung von 1890 nachempfunden war. Teil-
weise folgte sie wórtlich dem St. Galler Vorbild. Nach Bilgeri (1987, S. 25) hatte die
Verfassung vom 14. März 1919 den Stand einer Kantonsverfassung erreicht.
161 Adamer 1980, S. 39.
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