Einleitung
rung ihrer Tätigkeit und ihrer Entscheidungen und stossen dabei zuneh-
mend auf das Mittel der direkten Demokratie als einen der Lösungs-
ansätze.
Diese global festzustellenden Tendenzen werden meist nicht ohne
lange Diskussionen und politische Debatten umgesetzt. Festgefahrene,
etablierte und vielfach auch langfristig bewährte politische Entschei-
dungsverfahren, die in den nationalen Verfassungen verbindlich nor-
miert sind, werden meist nicht ohne triftigen Grund oder besonderen
Anlassfall geändert. Einfacher ist dies, wenn aus äusserem oder innerem
Anlass ohnehin eine neue Verfassung entworfen wird. Dies war in Euro-
pa in den vergangenen Jahren gerade in den neu entstehenden Staaten in
Zentral- und Osteuropa der Fall, aber ebenso auf gliedstaatlicher Ebene,
etwa in den neuen Bundesláàndern Deutschlands.?! Meist wurden in den
neuen Lànderverfassungen Elemente der direkten Demokratie einge-
führt. Nach der Erfahrung jahrzehntelanger Fremdbestimmung und
selbstherrlicher politischer Eliten fiel die Begründung für die Einfüh-
rung direktdemokratischer Rechte besonders leicht. Auch in den Ver-
einigten Staaten von Amerika existieren direktdemokratische Rechte in
manchen Bundesstaaten, nicht jedoch auf nationaler Ebene.5
Wenn Bürgerinnen und Bürger in unterschiedlichsten Staaten zu-
nehmend in den Entscheidungsprozess direkt involviert werden, kann
daraus auch eine Kettenreaktion entstehen. Das Vorbild anderer Staaten
weckt in Staaten ohne direkte Bürgerbeteiligung Begehrlichkeiten, so-
dass auch in etablierten Demokratien zunehmend direktdemokratische
Verfahren aktiviert werden oder zivilgesellschaftliche Organisationen
entsprechende Forderungen stellen. Selbst auf der Ebene der Europäi-
schen Union hat im Zuge der Beratungen über eine Europäische Verfas-
sung die direkte Demokratie an Stellenwert gewonnen und mit der Euro-
páischen Bürgerinitiative diesbezüglich inzwischen Spuren hinterlassen.
81 Zuden Erfahrungen in Zentral- und Osteuropa Auer und Bützer 2001; Ewert 2007.
Zur direkten Demokratie in deutschen Bundeslándern unter anderem Rehmet et al.
1999; Rehmet 2002; Weixner 2002; Kampwirth 2003.
82 . Hierzu Schiller (2012) und diverse Beitráge in Neumann und Renger (Hg.) 2012b
und Qvortrup (Hg.) 2014; Neumann (2006) auch mit Blick auf die Verfassungen der
neuen Bundesländer Deutschlands.
83 Zur direkten Demokratie in den Vereinigten Staaten Waters 2003; Stelzmüller 1994;
Méôckli 1994.
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