Praxis der direkten Demokratie
Quotienten, der ausdrückt, um das Wievielfache die erforderliche Zahl
an Unterschriften überboten wurde. Aus mehreren Gründen könnte
erwartet werden, dass eine starke Übererfüllung des Quorums mit einer
höheren Erfolgsrate bei Referenden und Initiativen korreliert.
Erstens kann eine überdurchschnittlich erfolgreiche Unterschrif-
tensammlung ein Hinweis darauf sein, dass es sich um ein Thema handelt,
das für viele Stimmberechtigte von besonderer Bedeutung ist und daher
auf Widerstand (Referendum) oder Unterstützung (Initiative) stösst.
Zweitens kann die Unterschriftensammlung selbst bereits als Teil
der Abstimmungskampagne betrachtet werden. Eine überdurchschnitt-
lich hohe Zahl an Unterschriften bedeutet, dass mit vielen Stimmberech-
tigten Kontakt aufgenommen wurde, Gespräche geführt wurden, Über-
zeugungsarbeit geleistet wurde. Auch Schneeballeffekte können bei-
starker Mobilisierung und Orchestrierung einer Unterschriftenaktion
erwartet werden.
Drittens dürfte die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person, die eine
Unterschrift unter einen Initiativ- oder Referendumsbogen gesetzt hat,
im entsprechenden Sinne abstimmt und überhaupt an der Abstimmung
teilnimmt, steigen. Es geht dabei um ein konsistentes Verhalten.
Viertens demonstriert eine überdurchschnittlich hohe Zahl an
Unterschriften die gesellschaftliche Bedeutung und hohe Akzeptanz ei-
nes Anliegens, sodass ein Bandwaggon-Effekt resultieren kann: Eine
hohe Unterschriftenzahl kann als Siegessignal aufgefasst werden und
Stimmberechtigte motivieren, zuzustimmen, um zu den erwarteten Sie-
gern zu gehören.
Die nachfolgende Datenanalyse erlaubt es nicht, schlüssige Ant-
worten auf kausale Zusammenhänge zwischen Unterschriftensammlung
und Abstimmungserfolg zu geben. Aufgrund der registrierten Unter-
schriftenzahlen bei Referenden und Initiativen kann aber immerhin ge-
prüft werden, ob eine Korrelation mit dem Abstimmungserfolg existiert.
Tatsächlich zeigt sich ein Zusammenhang, wie aus Abbildung 23
ersichtlich wird. Wenn das Unterschriftenquorum um weniger als das
1,5-Fache überschritten wurde, waren nur drei von acht Referenden er-
folgreich (38 Prozent). Wenn das Quorum um das 1,5- bis 2-Fache über-
schritten wurde, waren drei von fünf Referenden erfolgreich (60 Pro-
zent). Wurde das Quorum um mehr als das 2-Fache überschritten, wa-
ren sechs von acht Referenden erfolgreich (75 Prozent) und nur drei
Landtagsvorlagen wurden trotzdem angenommen.
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