Praxis der direkten Demokratie
6.5.1.1 Sonderanalyse: Unterschiede nach Parteienpräferenz
in den Gemeinden
Wenn bei Volksabstimmungen die Parteien Abstimmungsempfehlungen
abgeben, sollte sich dies im Abstimmungsergebnis in den einzelnen Ge-
meinden widerspiegeln. Gemeinden, in denen beispielsweise die FBP
sehr stark ist, müssten theoretisch überdurchschnittlich viele Stimmbe-
rechtigte im Sinne der Empfehlung der FBP abstimmen. Um einen Par-
teieneffekt nachweisen zu können, werden die Gemeinden herausgefil-
tert, in denen ein klares Übergewicht einer Partei besteht, andererseits
Abstimmungen, bei denen die Parteien im Vorfeld Abstimmungsemp-
fehlungen abgegeben haben.
Wir konzentrieren uns in der Analyse einzig auf die beiden Gross-
parteien FBP und VU, da nur von ihnen bedeutende Effekte zu erwarten
oder nachweisbar sind. Ferner werden nur Gemeinden berücksichtigt, in
denen bei den damals letzten Landtagswahlen vor der Volksabstimmung
eine Stimmendifferenz von mehr als 15 Prozent zwischen VU und FBP
bestand. Denn wenn sich die Parteistärke nicht wesentlich unterscheidet,
wird sich der Parteieneffekt nicht im Abstimmungsergebnis widerspie-
geln. Ferner werden nur diejenigen Volksabstimmungen in die Analyse
einbezogen, bei denen beide Grossparteien eine Empfehlung abgaben,
und zwar in die genau entgegengesetzte Richtung. Wir beschränken uns
auf die neuere Abstimmungsgeschichte zwischen 1985 und 2015.
Wenn also beispielsweise die FBP in einer Gemeinde wesentlich
stärker ist als die VU, sollte in der betreffenden Gemeinde erwartungsge-
miss Uberdurchschnittlich im Sinne der Abstimmungsempfehlung der
FBP abgestimmt werden. Zwischen 1985 und 2015 gab es zehn Volksab-
stimmungen, bei denen die FBP und die VU entgegengesetzte Abstim-
mungsempfehlungen herausgaben. Diese sind in Tabelle 48 aufgeführt.
Für die Jahre, in denen die Volksabstimmungen durchgeführt wur-
den, sind demzufolge die Landtagswahlen von 1982, 1986, 1989, 1997,
2001 und 2009 massgeblich (Tabelle 49). Bei insgesamt acht Gemeinden
gab es bei diesen Wahlgángen einmal oder mehrmals Stimmendifferenzen
von mehr als 15 Prozentpunkten zwischen FBP und VU, am häufigsten in
Planken und Mauren, die sich als stabile Hochburgen der FBP erwiesen.
Weitere Gemeinden mit deutlicher FBP-Dominanz waren Gamprin,
Schellenberg und Vaduz — Vaduz allerdings nur 2001. In Triesen, Bal-
zers und Triesenberg schwang hingegen die VU mehrmals klar obenaus.
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