Praxis der direkten Demokratie
Erfolgreich war der Landtag hingegen mit der Einführung einer leis-
tungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe. Grundlage waren ein Vertrag
und eine Vereinbarung mit der Schweiz, die im Landtag im Mai 2000
genehmigt wurde. Gegen diesen Beschluss ergriffen Gewerbekreise das
Referendum, somit war es also das erste Staatsvertragsreferendum, wel-
ches als Sammelbegehren zustande kam (die EWR-Abstimmungen 1992
und 1995 waren vom Landtag angeordnet worden). Das Gewerbe plä-
dierte für eine «liechtensteinische» Lösung, während Landtag und Re-
gierung mit der Erhaltung der guten Beziehungen und der offenen
Grenze zur Schweiz argumentierten. Die Vorlage wurde mit 71,0 Pro-
zent Ja-Stimmen klar angenommen.%
Erfolglos war dagegen eine im August 2001 angemeldete Verfas-
sungsinitiative zum Verkehr («Verkehrspolitik mit Zukunft»). Ziel war
eine Verkehrspolitik, die der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, der
sozialen Verträglichkeit und dem ökologischen Gleichgewicht gerecht
werden sollte. Konkret richtete sie sich auch gegen eine Erhöhung der
Transitkapazität. Im Pro-Lager standen Umweltverbände, im Contra-
Lager Autoclubs, die Industrie und das Gewerbe. Die Vorlage wurde in
der Volksabstimmung mit 54,5 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt^*
6.3.9 Wirtschaft, Gewerbe
6.3.9.1 Gewerbe
Volksabstimmungen über die gewerbliche Tätigkeit und die Gewerbe-
ordnung fanden bis in die 1960er-Jahre regelmässig statt. 1927 wurde
eine Volksinitiative zum Gesetz über die Bautätigkeit lanciert.568 Sie be-
zweckte mehr Freiheit in der Ausübung der Bautätigkeit und einen ver-
besserten Arbeitnehmerschutz. Die Initiative wurde mit 53,9 Prozent
Nein-Stimmen abgelehnt. Viel klarer verworfen wurde der Gegenvor-
schlag des Landtags mit 85,3 Prozent Nein-Stimmen.
1937 kam das Gesetz über das Verbot der Eröffnung und des Be-
triebs von Warenhäusern, Einheitspreisgeschäften und ähnlichen Gross-
566 LILA DM 2000/14 A. Eigene Archivunterlagen.
567 LILA DM 2002/3 A; DS 94/2002-13 C. Eigene Archivunterlagen.
568 LI LA RE 1927/132.
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