Exkurs: Direkte Demokratie auf Gemeindeebene
gerversammlung zur Stellungnahme zu unterbreiten.» Gemäss Art. 25
Abs. 2 lit. f GemG 1996 falle die Bewilligung von neuen einmaligen Aus-
gaben zwar grundsätzlich in die Zuständigkeit der Gemeindeversamm-
lung, aber nur wenn ein Schwellenwert gemäss Art. 25 Abs. 4 GemG
überschritten werde.
Der Verweis der Regierung auf die Streichung des vormaligen Art.
25 Abs. 2 GemG 1959 ist kein starkes Argument. «Stellungnahme»
heisst nicht Entscheidung, sondern ist eher einer Konsultativabstim-
mung zuzuordnen. Hierauf geht die Regierung in der Beantwortung der
Kleinen Anfrage auch tatsächlich ein: «Lediglich der Vollständigkeit hal-
ber sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass das Fehlen einer mit Art. 25
Abs. 2 altes Gemeindegesetz vergleichbaren Bestimmung im neuen Ge-
meindegesetz auch die Möglichkeit der Abhaltung einer Konsultativab-
stimmung präjudiziert. Somit ist auch die Durchführung einer Konsul-
tativabstimmung nach geltender Rechtslage nicht möglich, zumal auch
in der schweizerischen Judikatur und Lehre konsultative Volksbefragun-
gen ohne entsprechende gesetzliche Grundlage als rechtsstaatlich frag-
würdig abgelehnt werden.»*#
Wenn das GemG 1996 die Formulierung von GemG 1959 nicht
mehr aufgreift, ist damit nur das Konsultativverfahren abgeschafft wor-
den. Denn in Art. 25 Abs. 1 GemG 1959 ist separat davon geregelt, dass
die Gemeindeversammlung unter anderem einzuberufen ist, wenn es
sich um «die Errichtung grösserer Bauwerke (Schulhausbau, Gemeinde-
hausbau, Wasserwerk, Strassen- und Kanalisationsbauten usw.)» han-
delt. Abs. 1 regelt also die Kompetenz der Gemeindeversammlung zu
Beschlüssen über grössere, das heisst auch teurere Vorhaben, während
Abs. 2 ein Konsultativverfahren regelt. Das GemG 1996 hat das Konsul-
tativverfahren abgeschafft, aber die Kompetenz der Gemeindeversamm-
lung zu Beschlüssen über grössere, teurere Vorhaben beibehalten: Die
in Art. 25 Abs. 2 lit. f geregelte Zuständigkeit der Gemeindeversamm-
lung für die «Errichtung grösserer Gemeindeanlagen und Bauwerke»
weist darauf hin, dass die Gemeindeversammlung bei wichtigen und teu-
ren Vorhaben Entscheidungsbefugnis hat. Eher wäre in Zweifel zu zie-
hen, ob der Gemeinderat ohne Einbezug der Gemeindeversammlung
444 LTP 2005, S. 2391f. Siehe auch Bericht im Liechtensteiner Volksblatt vom 20. De-
zember 2005, S. 7.
346