Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Verfahren und Regelungen bei Volksabstimmungen 
1992: Landtagsbegehren betreffend EWR-Abkommen 
  
Eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Volksabstimmung über das Abkommen über den 
Europäischen Wirtschaftsraum vom 11./13. Dezember 1992 wurde von der VBI und 
vom StGH abgewiesen. Die Beschwerde monierte eine überbordende und einseitige 
Informationskampagne der Staatsorgane im Vorfeld der Abstimmung, die die 
unverfälschte Willenskundgabe der Stimmberechtigten verletzt habe. Der StGH 
hielt fest, dass die einseitige Informationstätigkeit der Regierung keinen Gesetzes- 
verstoss darstellte, zumal etwa in der Abstimmungsbroschüre auch den Gegenargu- 
menten etwas Platz eingeräumt worden sei. Hingegen kritisierte er einen einseitig 
ausgerichteten Auftritt des Regierungschefs und des Landesfürsten im Landeskanal 
kurz vor der Volksabstimmung, was aber das Ergebnis nicht so stark beeinflusst 
habe, dass daraus eine Nichtigkeit resultieren müsse.*!7 
2003: Verfassungsinitiative (Sammelbegehren) betreffend Verfassungsrevision (Ini- 
tiative des Landesfürsten und des Erbprinzen) 
  
Eine Nichtigkeitsbeschwerde wurde zur Volksabstimmung über die Verfassungsre- 
vision bereits vor der betreffenden Abstimmung eingereicht. Als Unregelmässigkeit 
im Sinne des Art. 64 Abs. 3 lit. d VRG taxierte die VBI (2002/96 vom 12.11.2002) 
tatsächlich verschiedene Äusserungen im Vorfeld der Verfassungsabstimmung von 
2003. Einen Gesetzesverstoss des Landesfürsten stellten etwa die Gleichsetzung 
aller Gegner mit Personen, die die bestehende Staatsform ablehnten oder für die der 
demokratische Rechtsstaat zur Disposition stehe, auch Ausdrücke wie «mit der Ver- 
fassung Schindluder treiben» und «es würde ein Chaos geben» dar. Dieser Mangel 
könne aber durch die laufende öffentliche Debatte beseitigt werden. Die VBI und 
der StGH hatten allerdings nicht über eine durchgeführte Volksabstimmung, son- 
dern über eine Nichtigerklärung bereits vor der Volksabstimmung zu befinden. 
Gemäss StGH waren die kritisierten Äusserungen keine «groben» Unregelmässig- 
keiten und ausserdem «durch die laufende, sehr intensive Verfassungsdiskussion 
immer wieder so stark relativiert worden, dass von einer entscheidenden Beein- 
trächtigung der Abstimmungsfreiheit der Stimmbürger nicht gesprochen werden 
könne» (StGH 2002/73 vom 3.2.2003). 
Festzuhalten bleibt nochmals, dass rund um die Volksabstimmung alle 
Stimmberechtigten beschwerdelegitimiert sind, im Gegensatz zur Ein- 
leitungsphase. 
Eine weitere Frage der Beschwerdelegitimation stellt sich zudem 
417 StGH 1993/8 vom 21. Juni 1993, in: LES 1993, S. 91 (Auszug aus den Entscheid- 
gründen auch bei Thürer 1993); VBI 1993/7 vom 3. März 1993 (nicht veröffentlicht). 
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