Unterschriftensammlung
4.3.3 Formvorschriften zur Unterschriftensammlung
4.3.3.1 Änderung der Bestimmungen
zur Form der Unterschriftensammlung
Die Art und Weise, wie Unterschriften im Falle von Initiativen und Re-
ferenden gesammelt werden müssen, unterliegt klaren Formvorschrif-
ten. Die ursprüngliche Formulierung in der Stammfassung lautete im
VRG 1922 wie folgt:
Art. 23 Abs. 1 VRG (1922)
Begehren betreffend Referendum bzw. Initiative müssen nebst Angabe der Gemein-
de von den das Begehren stellenden Stimmberechtigten durch eigenhändig unter-
zeichnete Eingaben, die mit dem Anfangsdatum der Unterschriftenzeichnung auf
jedem Bogen versehen sein müssen, bei der Regierung eingereicht werden.
1930 wurde diese Vorschrift verschärft, indem nun die Unterschrift
eigenhändig «vor dem Vorsteher der betreffenden Gemeinde» geleistet
werden musste (Abänderung von Art. 23 Abs. 1 VRG durch LGBI.
1930.008).367 Die Vorsteher waren gehalten, an bestimmten Zeiten für die
Entgegennahme von Unterschriften verfügbar zu sein. Das führte zu
Unmut, da diese Vorgabe nicht immer eingehalten wurde, wie das fol-
gende Schreiben der Regierung vom 4. April 1935 an «Herrn Rupert
Quaderer, Präsident des Initiativkom. in Schaan», zeigt. Die Regierung
367 «Tatsächlich gaben die Missstände, die bei Initiativen und Referenden bei uns vor-
gekommen sind, Anlass, die Unterschriftenbogen beim Vorsteher der Gemeinde
aufzulegen und zur Unterschrift bereitzuhalten. Dadurch erleidet die Demokratie
in den Augen des aufrechten Staatsbürgers aber auch keinen Eintrag. Wer seine
Unterschrift in einer Staatsangelegenheit nicht beim Vorsteher in den Bogen eintra-
gen kann, wer seiner rechten Sache so wenig bewusst ist, daher das Tageslicht zu
scheuen braucht, in dessen Händen wird das demokratische Instrument des Refe-
rendums und der Initiative zur demagogischen Einrichtung» (Liechtensteiner
Volksblatt vom 20.5.1933, S. 1). Siehe auch Geiger 1997, Bd. 1, S. 310, zu den Um-
ständen der gesetzlichen Neuregelung, das heisst zum Vorwurf von Unregelmässig-
keiten beim Sammeln von Unterschriften, die zu der Verschärfung der Bestimmun-
gen führten. In der Folge verteidigte das Liechtensteiner Volksblatt als Organ der
Regierungspartei FBP die Regelung, dass die Unterschrift vor dem Vorsteher zu er-
folgen hatte, als Mittel zur Verhinderung von Missbräuchen, während das Opposi-
tionsblatt es als Beschneidung der Volksrechte wertete.
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