Formulierte Initiative
Inkrafttreten. einer Vorlage und einer nachfolgenden Beschwerde der
Staatsgerichtshof «durchaus zu einem anderen Resultat kommen kann,
insbesondere, wenn Fragen aufgeworfen werden, die im Rahmen der Prü-
fung nach Art. 70b Volksrechtegesetz nicht geprüft wurden.»28
Man kann das Urteil des Staatsgerichtshofs allerdings auch so inter-
pretieren, dass er sich selbst Zurückhaltung auferlegt und die Nichtigkeit
einer Initiative nur bestätigen will, wenn gravierende Gründe vorliegen.
Im Urteil des StGH lautet dies wie folgt: «Der Verhältnismässigkeits-
grundsatz verlangt, dass die politischen Rechte durch Nichtigerklärung
einer Gesetzesinitiative nur dann beschränkt werden sollen, wenn die
Annahme der Initiative zwingend eine Verletzung der Verfassung
bzw. von Staatsverträgen nach sich ziehen würde.»?! Es reiche aus,
wenn Gesetzesbestimmungen einer verfassungskonformen Auslegung
zugänglich seien. Selbst wenn also nicht auszuschliessen ist, dass in einer
späteren Beschwerde Verfassungswidrigkeit festgestellt wird, will dies
der Staatsgerichtshof nicht von vornherein tun, sondern den demokrati-
schen und rechtsstaatlichen Prozess walten lassen. Diese Haltung dürfte
ihn jedoch nicht hindern, in eindeutigen Fällen einen Nichtigkeitsbe-
schluss zu bestätigen.
3.1.5 Einschränkung des Initiativrechts
durch das EWR-Abkommen
Sowohl das Referendumsrecht wie auch das Initiativrecht sind vom
EWR-Vertragsrecht betroffen. Das Vorprüfverfahren soll überflüssige
Gesetzgebungsverfahren sowie Vertragskollisionen vermeiden. Dies
bedeutet zweifellos eine Einschränkung der direktdemokratischen
Rechte, aber nur insofern, als es sich zwangsläufig aus dem vom Volks-
mehr beschlossenen Beitritt zum EWR und der Verpflichtung zur Über-
führung von gemeinsamen Regelungen in nationales Recht ergibt.
Bei Initiativen gilt die Einschränkung, dass sie mit der Verfassung
und bestehenden Staatsverträgen in Einklang stehen müssen. Für Initi-
anten ist das EWR-Vertragswerk jedoch kaum überschaubar. Die Regie-
280 Bussjáger 2014a, S. 461.
281 StGH 2013/1835, S. 14.
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