Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Entwicklung direktdemokratischer Instrumente nach 1921 
In dieser Auseinandersetzung ging es nicht nur um die Klärung von 
Kompetenzen der verschiedenen Staatsorgane im liechtensteinischen 
Staatswesen. Der Konflikt entwickelte sich seit den 1980er-Jahren mit 
den Fragen zur Beamtenernennung und Richterbestellung, wobei Fürst 
Hans-Adam II.'? auf das (nicht praküzierte) Recht zur Ernennung der 
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im Vorfeld bei Marcinkowski und Marxer 2010, 2011. Allgemein wird angenom- 
men, dass die Auseinandersetzung über eine Revision der Verfassung mit der soge- 
nannten Staatskrise vom 27./28. Oktober 1992 ihren Anfang nahm (Quaderer 1993). 
Die Ansprüche des Erbprinzen und spáteren Fürsten Hans-Adam IT. zur Neuinter- 
pretation der Verfassung waren indes bereits vorher unüberhórbar gewesen. Wasch- 
kuhn 1994, S. 381, schrieb: «Es besteht mittlerweile eine Amtsführung, die weniger 
am Gedanken der ultima ratio orientiert, vielmehr politisch offensiv ist, so dass auch 
in Zukunft einige Verfassungskonflikte zu erwarten sind.» Zum Beleg wies er auf 
Vorkommnisse vor dem Datum der Staatskrise hin, die den neuen Politikstil von 
Fiirst Hans-Adam II. dokumentieren. Mit den Ereignissen vom Herbst 1992 war 
jedoch ein Krisenausmass erreicht (Lingle 1997), welches eine Bereinigung offener 
Verfassungsfragen unabdingbar erscheinen liess. In den nächsten Jahren befassten 
sich der Landtag, die Parteien, das Fürstenhaus, Experten und schliesslich die breite 
Öffentlichkeit mit verschiedenen Revisionsvorschlägen. Siehe dazu insbesondere 
Dokumente von Landtagskommissionen inklusive abweichender Stellungnahmen 
(Landtag 2000a, 2000b, 2002a, 2002b), verschiedene Verfassungsvorschläge des Fürs- 
tenhauses (Fürstenhaus 2000, 2001, 2002), welche schliesslich in die Verfassungsvor- 
lage mündeten, die im März 2003 zur Volksabstimmung gelangte, ferner Gutachten 
zu den Vorschlägen, die von der Regierung (Frowein 2000; Breitenmoser 2000; 
Rhinow 2000; Funk 2001) oder vom Fürstenhaus eingeholt wurden (Winkler 2001; 
Matscher 2001; Winkler 2003 führte seine Argumentation später weiter aus). Mit 
dem komplexen Verhältnis der Hausgesetze/des Hausgesetzes des Fürstenhauses 
zur staatlichen Ordnung und sich daraus ergebenden Verfassungsfragen befassten 
sich Kühne 2002 und Marxer 2003. Aus zahlreichen weiteren Stellungnahmen und 
Beiträgen zur Verfassungsauseinandersetzung sei ferner auf das Memorandum von 
Batliner et al. 2002 hingewiesen, welches sich am umfassendsten mit allen Revisions- 
punkten auseinandersetzte (Kritik dazu Winkler 2002). Nach der Anmeldung der 
Volksinitiative durch Fürst Hans-Adam II. und Erbprinz Alois im August 2002 
befassten sich auch die liechtensteinischen Gerichte aufgrund von Beschwerden mit 
dem Fall (Diverse Bürgerinnen und Bürger 2002a, 2002b; Gegenäusserung durch 
Fürst Hans-Adam II. [Liechtenstein 2002]). Ebenso wurde Liechtenstein ein Fall für 
den Europarat, bei welchem noch vor der Volksabstimmung die Venedig-Kommis- 
sion (Council of Europe CoE 2002a, 2002b) sowie Ausschüsse der parlamentari- 
schen Versammlung (CoE 2003a, 2003b) demokratische Defizite der Verfassungs- 
vorlage monierten. Nach der Volksabstimmung startete der Europarat ein sogenann- 
tes Dialogverfahren mit Liechtenstein, welches ausser ein paar kritischen Notizen 
(CoE 2006) keine weiteren Konsequenzen für Liechtenstein mit sich brachte. 
Zur Person von Fürst Hans-Adam II. siehe Redaktion, «Liechtenstein, Hans- 
Adam IL. von», in: HLFL, S. 539f. 
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