Der Mann hatte wiederholt versucht, seine Frau und sich argumentativ zu verteidigen. Wie
oben bereits beschrieben, versuchte er zu beteuern, dass seine Frau nicht trank und
regelmässig zur Arbeit gehe. Als er in die Anstalt gebracht wurde, schrieb er schon bald
Begnadigungsgesuche an die Regierung und versuchte, seine gute Führung darzulegen. Damit
hatte er die Notwendigkeit seiner Behandlung wohl akzeptiert, indem er auch wusste, dass die
Anstalt ihn besserte. Jedoch wurde darauf bestanden, dass der einjährige Entzug
durchgezogen wurde. Als er während des Aufenthalts wieder arbeiten konnte, wurde er
jedoch rückfällig. >*°
An diesem Fall kann man auch die Umsetzung des erst eingeführten JWG erkennen, wie
bereits oben durch den Entzug der elterlichen Gewalt beschrieben. So wurden die Kosten der
Heimschule für die Tochter, wie im Gesetz vorgegeben, zur einen Hälfte vom Land und zur
anderen Hälfte von der Gemeinde übernommen. Zudem schrieb das Jugendfürsorgegesetz die
Übernahme vor, da die Eltern beide in Anstalten waren und sie zudem kein Vermögen
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hatten." Die Kosten für die Pflegeanstalt des Vaters und der Mutter sollten ebenfalls zur
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Hälfte von der Gemeinde übernommen werden.
Drei Jahre nach der Anstaltsbehandlung, hatte die Frau wieder einen Rückfall, der von der
Fürsorgerin an die Gemeinde berichtet wurde. Auch die Tochter und der Ehemann
äusserten sich der Fürsorgerin gegenüber besorgt über die Mutter und Ehefrau.” Die
Beziehung zur Tochter wurde auch nicht einfacher, im Gegenteil. Ein zerrüttetes Verhältnis
zur Tochter und deren angeblich unsittliches Verhalten beschäftigten die Fürsorgerin weiter.
Die Tochter verhalte sich teils aggressiv, was vor allem mit der Wut gegenüber der
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Alkoholsucht ihrer Eltern zu tun habe.”” Die Fürsorgerin wurde vom Vater beschimpft, der
ihr die Schuld am ganzen Elend der Familie gab."
Er wurde spáter wiederum in eine
psychiatrische Klinik eingewiesen, da sich keine Besserung einstellte. Die behórdlichen
Massnahmen betrafen in diesem Fall die gesamte Familie, da keine andere Lósung móglich
erschien. Die intensive Bescháftigung und auch die hohe Verantwortung der Fürsorgerin
zeigen, dass sie eine ziemlich hohe, indirekte Entscheidungsgewalt innehatte.
*'* Vgl. ebd.
? Vgl. ebd. Rechnung der Landeskasse vom 04.12.1963
?5 Vel ebd. Rechnungen der Landeskasse vom 09. und 16.01.1964.
?? Vgl. ebd. Brief vom 26.04.1966.
?9? Vel. ebd. Brief vom 16.05.1966.
?! Vgl. ebd. Brief vom 31.08.1966.
?? Vgl. ebd. Bericht der Fürsorgerin an die Regierung vom 06.08. 1965.
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