Volltext: Die Entwicklung der Jugendfürsorge in Liechtenstein von 1930-1970 mit besonderer Berücksichtigung der Sozialhilfe und der behördlichen Versorgung

4.4 Der Begriff ,, Verwahrlosung* im Schweizerischen Zivilgesetzbuch 
Im JWG taucht ófters der Begriff der ,, Verwahrlosung" auf. Dieser Abschnitt wird kurz auf 
die Arbeit zur schweizerischen Jugendfürsorge von RAMSAUER'" eingehen. Ihre 
Untersuchungen zum Schweizerischen ZGB sowie zur Sozialfürsorge im Kanton Zürich 
bieten eine gute Grundlage und interessante Erkenntnisse zu den neu eingeführten Begriffen, 
die zum Teil auch in der liechtensteinischen Gesetzgebung vorkommen. RAMSAUER 
beschreibt die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches ZGB als Errungenschaft 
für die Schweiz. Der II. Teil des ZGB über das Familienrecht erhielt erhebliche Neuerungen 
und es wurden wichtige Begriffe geprägt: Die „‚elterliche Gewalt’, ‚dauernde Gefährdung’ 
299 
oder ,Verwahrlosung’ waren ebenso neu wie die Familienkonzeption insgesamt und die 
Tatsache, dass die Behôrde aus weit geringfügigeren Anlässen als früher die elterlichen 
« 133 
Rechte beschneiden konnte. Der im ZGB verankerte Kinderschutz war Ausdruck einer 
sich um 1900 herausbildenden Bewegung aus bürgerlichen Kreisen zum Kinder- und 
Jugendschutz. P^ 
Die Entstehung der Sozialversicherungen Ende des 19. Jh. bildet den Anfang 
staatlichen Eingreifens ins Zivilleben." Im ZGB wurden ab dem Art. 28575 im 
Familienrecht die Kinderschutzbestimmungen verankert. ,,In der Schweiz wurde das ZGB als 
der Kinder- und  Jugendfürsorge förderliche ^ Voraussetzung, ja als eigentliches 
«137 worum andere Staaten die Schweiz beneidet hátten. "? 
Kinderfürsorgegesetz gewertet, ... 
Für RAMSAUER sind vor allem die Interpretationen schweizerischer Juristen zu den 
Schlüsselbegriffen interessant. Der Begriff , Pflichtwidrigkeit” wurde im 1. Artikel zu den 
Kinderschutzbestimmungen, Art. 283, genannt, in dem es darum ging, dass bei 
pflichtwidrigem Verhalten der Eltern behordliche Massnahmen zum Schutz des Kindes 
139 
ergriffen werden konnten. " Der Jurist Hans Grob, spiterer Leiter der Amtsvormundschaft 
  
7? Ramsauer, Nadja: ,, Verwahrlost ". Kindswegnahmen und die Entstehung der Jugendfürsorge im 
schweizerischen Sozialstaat 1900-1945, Zürich 2000. 
17 Ebd. S. 21. 
P! Vg]. ebd. 
3? Vgl. ebd, S. 22. 
B6 Art. 285 ZGB (1914): Sind die Eltern nicht imstande, die elterliche Gewalt auszuüben, oder fallen sie selbst 
unter Vormundschaft, oder haben sie sich eines schweren Missbrauches der Gewalt oder einer groben 
Vernachlässigung ihrer Pflichten schuldig gemacht, so soll ihnen die zuständige Behôrde die elterliche Gewalt 
entziehen. Wird beiden Eltern die Gewalt entzogen, so erhalten die Kinder einen Vormund. Die Entziehung ist 
auch gegenüber Kindern, die spáter geboren werden, wirksam. In: Egger, August: Kommentar zum 
Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Das Familienrecht des schweizerischen Zivilgesetzbuches, Bd. 2, Zürich 1914, 
S. 379. 
77 Ramsauer, Verwahrlost, S. 37. 
P3 Vg] ebd, 
3? Ebg, 
„27 -
	        

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