sie agiert „als Wächterin des Jugendwohls“”°
, um Gefahren und Missstánde gegenüber
Kindern und Jugendlichen aufzudecken. Ausführende Instanz bleibt aber die
Vormundschaftsbehörde (die es in Liechtenstein zu dieser Zeit noch nicht gab). Die
Jugendschutzkommission soll eine „Wächterin des Jugendwohls" sein, die ,,das Gebaren und
die Behandlung von Kindern und Jugendlichen zu kontrollieren" habe. Eine Gefahr würden
vor allem Kioske, Badeplátze, Lichtspieltheater, Fabrik- und Pflegeorte bieten.
Der Kinder- und Jugendschutz sollte nach LENZLINGER nicht nur gegenüber der Sittlichkeit,
sondern auch gegenüber der Gewalt von Erwachsenen manifestiert sein. „Die in neuerer Zeit
veröffentlichten Berichte über das Los von ‚Verdingbuben’ mahnen zu einem dichten
strafrechtlichen Jugendschutzsystem ^^?
Die Verdingung von Kindern, meistens Waisen,
unehelich geborenen oder verwahrlosten, war bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts übliche
Praxis in der Schweiz. Die Unterbringung in Pflegefamilien sollte der Bekámpfung der Armut
dienen. und die Kinder resozialisieren. Jedoch wurden die Verdingkinder selten als
Familienmitglieder angenommen und als billige Arbeitskráfte betrachtet, die auf den
Bauernhófen teils unter unmenschlichen Bedingungen ausgebeutet wurden." LENZLINGERS
Kritik am Vormundschaftswesen in den 1940er Jahren ist bemerkenswert. Die Kinder sollen
von „Misshandlung und Vernachlässigung]... ]“ durch „vormundschaftliche
Schutzmassnahmen“ geschützt werden, womit auch die „Ueberanstrengung von Kindern und
Jugendlichen“ zusammenhänge. '”°
Zu begegnen ist sodann jeder Form der Verletzung der Erziehungspflicht durch Eltern, die sich
ihres Kindes dadurch entledigen, dass sie es dauernd Personen übergeben, bei denen es wie sie
wissen oder annehmen müssen, in sittlicher oder körperlicher Beziehung gefährdet ist. Wer in
den letzten Zeiten von gewissen anrüchigen Erscheinungen in der Behandlung von
.Verdingbuben' durch die Presse oder Gerichtsberichterstattung vernahm, wird die
Notwendigkeit dieses Strafartikels anerkennen. '?'
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In diesem Gesetzesentwurf findet man den Begriff | Verwahrlosung“ ", der in anderen
Gesetzgebungen sehr prominent ist, nicht. Jedoch werden „Missbrauch oder
"D : 5 103
Vernachlässigung“ sowie ,,Uberanstrengung™ verwendet.
°° Ebd. S. 16.
” Ebd.
?* Ebd. S. 19.
9 Vgl. Leuenberger, Marco; Mani, Lea; Rudin, Simone; Seglias, Loretta: « Die Behorde beschliessty — zum Wohl
des Kindes? Fremdplatzierte Kinder im Kanton Bern 1912-1978, Archiv des Historischen Vereins des Kantons
Bern, Bd. 87, Baden 2011.
Y? Ve] ebd, S. 21.
1°! Ebd.
1° Auf den Begriff wird im Speziellen weiter unten eingegangen.
15 vgl. LLA V 8/520: Gesetzesentwurf von Lenzlinger. Art. 34 Misshandlung und Überanstrengung eines
Kindes, Art. 36 Verletzung der Erziehungspflicht", Art. 40 Vernachlássigung von Unterstützungspflichtigen.
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