beschreibt LENZLINGER drei Ursachen der Jugendkriminalität. Für ihn ist zum einen die
Vererbung ein Grund, da vor allem bei Alkoholkranken in der Familie vermehrte Fälle von
Kriminalität bei Jugendlichen auftreten. Zum anderen sei schlechte Erziehung „ein überaus
«?! Zudem weist LENZLINGER darauf hin, dass vor
üppiger Nährboden der Jugendkriminalität.
allem Waisen durch die fehlende Erziehung und Beziehung zu Eltern besonders häufig
Straftaten begehen würden. Diese eugenische Denkweise und die Verbindung von schlechter
Erziehung und „schlechtem“ Erbgut war zu dieser Zeit keine aussergewôhnliche
Angelegenheit, was auch später noch anhand des st. gallischen Modells erläutert wird. Die
Frauenarbeit in den Fabriken war ihm ebenfalls ein Dorn im Auge: „Vom kriminalpolitischen
Gesichtspunkt aus betrachtet, ist deshalb auch die Fabrikarbeit der Mütter, wie jede andere
Arbeit, welche die Mütter vom Hause und von den Erziehungsaufgaben wegzieht, zu
bedauern.“
Zu guter Letzt sei eine schlechte Kameradschaft für LENZLINGER ebenfalls
Grund dafür, dass Jugendliche unter schlechtem Einfluss zu Verbrechern würden. Interessant
ist auch der Einbezug des Einflusses neuer Medien, welche die Jugendlichen verderben und
verführen würden, wie beispielsweise das Kino (Sozialdramen, Kriminalabenteuer), Kioske
und Detektivromane."^ Als letzten negativen Einfluss nennt LENZLINGER den Krieg, wodurch
viele Kinder keine váterliche Autoritát im Hause hátten und die Mütter oft zur Fabrikarbeit
eingesetzt würden.
LENZLINGER führte schon damals den Vorschlag einer der Fürsorgekommission ähnlichen
Jugendschutzkommission ein. Die ,, Amtliche Jugendschutzkommission" beinhaltete ebenfalls
wie andere Kommissionen und Vorstánde Frauen, was LENZLINGER besonders betont:
Bemerkenswert ist, dass auch Frauenspersonen Mitglieder sein kónnen und auch wirklich
sozusagen in jeder Kommission vertreten sind. Dieser Beizug von Frauenspersonen verfolgt
den Zwecke, ihnen solche Fälle der gefährdeten oder gefallenen Jugend (weiblichen Jugend)
zur besonderen Kontrolle und Erledigung überweisen zu können, welche nach ihrer Eigenart
und nach dem Verumstándigungen[sic!| des Einzelfalles passender durch Frauenspersonen
gelóst werden.
Und weiter: „Weil im Besonderen für die Lösung gewisser Aufgaben gegenüber
schutzbedürftigen oder straffälligen Mädchen gut geeignet, soll auch ein weibliches Mitglied
in die Jugendschutzkommission gewählt werden.“ Die Jugendschutzkommission soll vor
allem initiativ agieren und kann Vormundschaftsentzug oder Strafrechtliches beantragen und
" LLA V 8/520 Motivenbericht Lenzlinger, S. 6.
” Ebd. S. 7.
?* Vgl. ebd. S. 10. Detektivromane würden die Jugendlichen in das Metier der Verbrechen geradezu einführen.
?' Ebd. S. 13
?? Ebd. S. 15.
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