dieser Situation unausgewogen. Der Regierungschef bat sogar um Zeit für die
Entscheidung bis zum Nachmittag um die neuen Zahlen zu berechnen und zu
präsentieren. Damit erhielte die FBP mehr Raum für ihre Argumentation. Die VU sprach
sich dagegen aus; man habe genug Zahlen. Die Abgeordneten stimmten für ihre Parteien
mit 8 zu 7 Stimmen für den Wunsch des Regierungschefs.281
7.4.5 Fazit
Die zeitliche Nähe zwischen beiden Vorhaben liess die Debatten überschneiden, vor allem
am Schluss. In den ersten Sitzungen zu beiden Vorlagen trennte man den
Finanzausgleich und die Steuern. Während man beim Ausgleich rigoros Stellung für die
eigene Partei bezog, das eigene Vorhaben lobte und die Positionen der Gegner kritisierte,
arbeiteten die Parteien bei der Steuernovelle einmütig am Gesetz. Beide lobten die
Entlastung der niedrigen Einkommen. Vereinzelt kamen Probleme aus dem Budget oder
dem Finanzausgleich zur Sprache, die man aber umging.
Beim Finanzausgleich standen sich nicht nur zwei Vorschläge gegenüber sondern auch
zwei Deutungen über die finanzielle Situation Liechtensteins. Die FBP betonte die
negativen Aspekte mit den wachsenden Ausgaben, nötigen Investitionen und sogar den
aussenpolitischen Bedrohungen. Die VU betonte die gute finanzielle Lage des Landes.
Diese Einschätzungen werden sich viele weitere Jahre gegenüberstehen.
Problematisch wurde auch die Einsetzung der Kommissionen. Den Empfehlungen dieser
Arbeitsgruppen lebte man in der Regel nach. Die Mehrheit im Parlament bildete auch die
Mehrheit in den Kommissionen. Es schien für die VU ein Nachteil gewesen zu sein, die
klassische Kommission einzusetzen. Nach der zweiten Verhandlungsrunde akzeptierte
man die Finanzkommission. Es schien aber, man habe sich bereits auf eine
Volksabstimmung eingestellt. Das Ergebnis der Kommissionssitzung war für die VU nicht
mehr relevant.
7.5 Die 70er Jahre - neue Regierungen und Mehrheiten
Die Situation änderte sich. Ein Jahr später war die Vaterländische Union stärkste Kraft im
Landtag. Sie stellte sowohl den Regierungschef als auch den Landtagspräsidenten. Die
VU gewann die Landtagswahlen Ende Januar 1970 knapp und löste die FBP nach
ununterbrochener Mehrheit seit dem zweiten Weltkrieg ab.
281 Ltp vom 22.12.69, S. 647-653.
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