5.4.3 Die zweite und dritte Lesung
Die nächste Sitzung fand neun Monate später statt. Die Kommission habe in zehn
Sitzungen beraten, leitete Landtagspräsident Karlheinz Ritter ein. Darauf nannte er die
wichtigsten Änderungen der Kommission an der Regierungsvorlage. Die
Qualitätsforderungen hat man angepasst und lockerer gestaltet. Dazu habe man spezielle
Regelungen sowie eine Eintragungspflicht für Stiftungen und eine Pflicht auf Eintragung
beim Öffentlichkeitsregisteramt für Treuhandschaften eingeführt. Danach rekapitulierte er
überblicksartig die Situation im Gesellschaftswesen und der Gesetzgebung. Ein weiteres
Mal betonte er zum Beispiel die Arbeit des Vereins der Liechtensteiner Anwälte: „Wenn wir
heute die Reformvorlage zum Beschluss erheben, finden Bestrebungen ihren Abschuss,
die in ihren Anfängen auf Beratungen des Vereines Liechtensteiner Rechtsanwälte im
Jahre 1976 zurückgehen.‘“194 Der Landtagspräsident nahm auch Bezug zum Fall Chiasso,
und sagte dazu, dass die Geschäfte ‚formal‘ über liechtensteinische Anstalten abgewickelt
wurden. Danach leitete er über zur Reform, die dazu da sei: „das liechtensteinische
Gesellschaftswesen zu stärken und es gegen Missbräuche zu schützen.‘“1% Der
Term ‚Missbrauch des Gesellschaftswesen‘ benutzten die Sprecher oft. Mit dem Gesetz
wolle man das Gesellschaftswesen ‚stärken‘ und es gegen Missbräuche ‚schützen‘, hiess
es weiter. Das Mittel sei in dieser Reform die ‚Kontrolle‘. Zum ersten Mal erläuterte der
Landtagspräsident auch diese Haltung: „Wer von Steuerflucht reden will, sollte sich mit
ihren Ursachen am Entstehungsort auseinandersetzen, anstatt sich über die Symptome zu
entrüsten und wer die Wirtschaftskriminalität verurteilen will, sollte vom Menschen reden,
der gegen das Gesetz verstösst, anstatt dem Unternehmen die Schuld zu geben, das
dafür missbraucht wird.“19% Damit explizierte er die Diskursregel. Vielleicht war es die
Erwiderung auf die Eintretensrede von Wolfgang Feger aus der ersten Lesung, der von
internationalen Spielregeln und von ‚Mithilfe bei Steuerbetrug‘ gesprochen hat.
Eine weitere Redefigur in der Ansprache von Ritter, die ‚freiheitliche Rechts- und
Wirtschaftsordnung‘, welche in der ersten Lesung noch als ‚Liberalitäten‘ firmierte, kam
weniger prominent zum Zug. Er redete zwei Mal davon und bezeichnete sie als ‚Rahmen‘
in dem dieses Gesetz sich bewege. Die einzelnen Artikel behandelte man danach in
gewohnter Weise.
194 Ltp vom 15.4.79, S. 18.
195 Ltp vom 15.4.80, S. 18.
106 Ltp vom 15.4.80, S. 19.
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