Ritter liess nicht darüber debattieren und ging sofort über zur Abstimmung. Die folgende
dritte Lesung als Gesamtvorlage wurde hingegen einstimmig angenommen. ?86
7.5.2 Der Finanzausgleich von 1971 unter der Regierung der VU
Die Verteilung der Einnahmen zwischen Gemeinden und Land wurde wieder zu einem
Thema im Landtag. Man wollte die Gelder für die Gemeinden kürzen. Der Volksentscheid
vor zwei Jahren musste angepasst werden. Die Diskussion ging über 22 Seiten, wurde
äusserst scharf geführt und bestand vor allem aus den Eintretensreden verschiedener
Vertreter und den daraus resultierenden Meinungsverschiedenheiten.
Die erste Rede hielt Alexander Frick. Er kritisierte massiv die Entscheide der VU-
Regierung, die zur „Ueberforderung der Staatsfinanzen“ geführt hätten. Er verwies auf die
Fehler bei der Zusammenarbeit vor zwei Jahren, als die Vaterländische Union meinte die
Staatskasse seien ‚übervoll‘ und man die Vorlage der FBP ablehnte. Zur Volksinitiative
sagte er: „Das Volk sagte ja, in seiner grossen Mehrheit zur Initiativvorlage. Es schenkte
den plastischen Schilderungen angeblich übervollen Kassen des Landes offensichtlich
Glauben.‘287 Er meinte sogar, durch die Niederlage bei der Abstimmung habe man die
Mehrheit im Landtag verloren. Aus Protest, verkündete er, werde sich die FBP der Stimme
enthalten, und die VU solle den Fehler mit ihren eigenen Stimmen beheben.?88
Die Verteidigung übernahm Herbert Kindle. Zur mangelnden Zusammenarbeit sagte er:
„Im Gegenteil, die Vaterländische Union wurde mit einem unmöglichen Gegenvorschlag an
die Wand gespielt. Die Reaktion war eine zwingende Konsequenz.“289 Die Darstellung,
dass die Landeskassen voll seien, verteidigte er. Es sei möglich gewesen in den letzten
Jahren über die ordentliche und ausserordentliche Rechnung hinaus Reserven zu
anzulegen. Das sei ein eindeutiger Beweis, dass die Staatskassen überliefen, erklärte
Kindle. Er zeichnete dazu einen Vergleich mit der Schweiz als „Symbol des Wohlstandes
in der Welt“2990, welche Schulden habe und Liechtenstein Reserven von 30 Millionen
Franken. Er beurteilte die Vorlage im Gegensatz zu Alexander Frick als Korrektur eines
übermässigen Wachstums und als Normalisierung.
286 | tp vom 17.12.70, S. 384-388.
287 | tp vom 25.11.71, S. 605.
288 | tp vom 25.11.71, S. 605-606.
289 | tp vom 25.11.71, S. 607.
290 | tp vom 25.11.71, S. 607.
98