bewegt zu gross (Interview 1 & 2). Wo sie die Chancen allerdings als sehr hoch einschätzen, ist bei
kleinen, zentralen meist spezialisierten Vertriebsteams, welche auch heute bereits sehr autonom am
Markt agieren (Interview 1 & 2). Dieser Einschätzung folgen auch die Experten 3, 4 und 7, welche
ebenfalls bei kleinen schlagkräftigen Vertriebsteams das grösste Potential der Holakratie sehen (In-
terview 3, 4, & 7).
Experte 5 sieht insbesondere im Vertrieb, die Anwendung der Holakratie als zielführend. Dazu müss-
ten Banken aber primär auch auf der Produkt- und Prozessseite Änderungen anstossen. Diese
Teams seien allerdings komplett anders organisiert als die Vertriebseinheiten. Im Idealfall hätten die
Vertriebseinheiten zudem verarbeitende Ressourcen und Rollen zugeteilt um noch kundenzentrier-
ter und agiler unterwegs zu sein. Für Experte 5 sind die Kundenberater bereits jetzt teilweise holakra-
tisch in ihrer Arbeitsweise, doch mit den nachgelagerten Stellen wie beispielsweise dem Compliance
sei dies sehr eingeschränkt (Interview 5).
Während des Gespräches stellte sich zudem heraus, dass bei der Unternehmung des Experten 3
bereits seit 2016, ein autonomes Team besteht, welches gewisse Grundgedanken der Holakratie
bereits unbewusst lebt. „Wir haben z.B. ein Green Team, das sich um Nachhaltigkeit kümmert. Wir
haben über alle Geschäftsstellen Leute genommen, eher jüngere Leute. Diese kümmern sich darum
und haben ein Budget und können dort sehr autonom arbeiten. Es gibt dort keinen Chef, aber trotz-
dem gibt es eine Koordinationsstelle und diese machen das super. Wenn wir dies nun auf Banklei-
tungsstufe machen würden, kämen wir nicht vom Fleck.“ (Interview 3, Abs. 62).
Interpretation
Das Modell der Holakratie ist bei der Expertengruppe mehrheitlich unbekannt. Die Mehrzahl der
Befragten sind zum ersten Mal mit der Begrifflichkeit in Berührung gekommen. Der Grundgedanke
des Modells war für alle schnell verständlich und wurde positiv wahrgenommen. Dennoch wurde
sofort an der Umsetzbarkeit eines solchen Systems gezweifelt. Einerseits ist noch kein vertieftes
Wissen zum Modell vorhanden und es fehlen den Experten erfolgreich umgesetzte Praxisbeispiele
aus der Branche. Ebenfalls scheint es schwierig zu glauben, dass ein solch revolutionäres Modell,
welches zum jetzigen, gewohnten Modell so unterschiedlich ist, anwendbar sein könnte.
Basierend auf dem Grundgedanken des Modells und dem grossen Anteil der Verantwortungsüber-
tragung innerhalb der Organisation ist jedoch für fast alle der Experten klar, dass mit dem Modell die
Agilität eines Unternehmens gesteigert werden kann. Dies bestätigt auch Brian J. Robertson in sei-
ner Aussage, dass die Holakratie ein agiles Management System für die neue volatile Welt darstellt
(Robertson, 2016). Die Herausforderungen welche sich in den Gedanken der Experten festsetzen
überwiegen jedoch die Chancen.
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