Mit der Holakratie soll die Wahrnehmungskraft eines jeden Mitarbeitenden dazu genutzt werden,
sich ständigen Marktveränderungen anzupassen. Die Mitarbeitenden fungieren als Sensoren, wel-
che durch ihre tägliche Interaktion mit den Kunden genau wissen, welche Praktiken funktionieren
und wie Prozesse im Sinne des Kunden angepasst werden müssen. Dadurch können spezifische
Lücken in der augenblicklichen Realität sowie wahrgenommene Handlungsfelder identifiziert werden
(Weller & Hunschock, 2012, S. 91). Im Grunde genommen ist die Holakratie eine neue Methodik wie
die Führung und Arbeitsweise einer Organisation gestaltet werden kann, um eine evolutionäre Ent-
wicklung zu ermöglichen. Die Holakratie umfasst folgende Elemente, welche für das Verständnis
des Modells von zentraler Bedeutung sind:
e Eine Verfassung, die Autoritát auf Rollen verteilt und Spielregeln bestimmt
e Eine Organisationsstruktur in Kreisen
e Die Holakratie-Governance
Im Folgenden werden die einzelnen Elemente naher erlautert.
Eine Verfassung, die Autorität auf Rollen verteilt und Spielregeln bestimmt
Ein grundlegendes Problem klassischer Organisationen stellt die ungleiche Machtverteilung dar. Die
nach wie vor grosse Abhängigkeit von Führungskräften wird auch durch die Bemühungen bezüglich
Empowerment, dem Übertragen von Verantwortung auf Mitarbeitende, nicht gelöst. Die Einsicht,
Mitarbeitende durch Empowerment zu motivieren, stellt quasi ein Eingeständnis der falschen Macht-
verteilung dar. Die Abhängigkeit von Führungskräften begrenzt die Fähigkeit sämtliche Spannungen
in einem Unternehmen wahrzunehmen. Deshalb soll die Macht so verteilt werden, dass alle Mitar-
beitenden Einfluss auf die Organisation nehmen können (Robertson, 2016, S. 18—19).
Mit der Einführung der Holakratie geht der Machtprozess von Personen auf einen Prozess über,
welcher schriftlich in der Holakratie-Verfassung beschrieben wird (Weller & Hunschock, 2012, S.
91). Dieser formelle Machtübergang ist der zentrale erste Schritt um Holakratie und die Verteilung
von Macht ohne implizite Strukturen zu ermöglichen. Führungskräfte verlieren somit an Autorität,
sind aber auch nicht mehr für Entscheidungen verantwortlich. Die Verantwortung und Entschei-
dungsfähigkeit liegt bei den zuständigen Mitarbeitenden (Robertson, 2016, S. 20-25).
Um die Verteilung von Macht voranzutreiben, verzichtet das Modell der Holakratie gänzlich auf Stel-
lenbeschreibungen, welche noch so oft unklar, zu theoretisch oder schlicht veraltet sind (Robertson,
2016, S. 42). Fur Unternehmen scheint es jedoch selbstverständlich zu sein, dass die Verantwort-
lichkeiten und Erwartungen klar verteilt sein müssen um erfolgreich zu sein. Diese Zuständigkeiten
in einer Organisation ergeben sich aber meistens implizit und im Laufe der Zeit (Haisler & Howell,
2016, S. 14). Warnsignale wie Misstrauen, Frustration, viele Besprechung in welchen ein
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