Volltext: Gemeindesezession Schaffung einer gesetzlichen Austrittsmöglichkeit für Schweizer Gemeinden

Theoretisch wäre die Einführung eines Gemeindesezessionsrechts móglich.? Wie schon the- 
matisiert, kann das Vólkerrecht einem Staat kaum verbieten, ein Sezessionsrecht innerstaat- 
lich gesetzlich festzuhalten. Wie aber die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft auf ei- 
nen tatsáchlichen Gemeindeaustritt wáren, ist ungewiss. Besonders, wenn die austretende Ge- 
meinde einen eigenstándigen Staat bilden móchte, stellen sich viele vólkerrechtliche Fragen 
(z.B. bezüglich der Anerkennung als Vólkerrechtssubjekt,?? allfállige Übernahme von Rechten 
und Pflichten der Schweiz oder welche Anforderungen ein neu gegründeter Staat überhaupt 
erfüllen sollte).?? 
In Bezug auf die Schweiz hätte ein tatsächlicher Austritt einer Gemeinde für den Alltag der 
restlichen Bevölkerung und für die Wirtschaft keinen allzu grossen Einfluss.!®® Allerdings ist 
nicht auszuschliessen, dass bereits der Austrittsbeschluss einer Gemeinde eine Art Signalwir- 
kung mit sich bringt. Vermutungsweise würden einige dies als Anlass für allgemeine Kritik an 
der Schweiz als Staat nehmen; andere wiederum würden die funktionierende Demokratie und 
die Freiheit der Schweiz loben. 
D. Vorteile eines Gemeindesezessionsrechts 
Mit der Neugründung des Kantons Jura hat sich gezeigt, dass auch die Schweiz als Willensna- 
tion vor territorialen Veränderungen nicht gefeit ist. Die Gründung der Schweizer Eidgenos- 
senschaft 1848 basierte keineswegs auf einem Konsens. Grosse Teile der Bevölkerung der im 
Sonderbundskrieg von 1847 unterlegenen Kantone lehnten die Bundesverfassung ab.!° Mit 
einem Austrittsrecht könnten theoretisch auch diejenigen Gemeinden austreten, die nach wie 
vor gegen den Bundesstaat sind und nicht Teil der Schweiz sein möchten. Eine so gesehene 
"historische Wiedergutmachung" der geschichtlichen Ereignisse stellt auch ein typisches Motiv 
für Sezessionsbestrebungen dar.!'? Aber unabhángig vom Austrittsgrund kónnte die gesetzliche 
Verankerung des Sezessionsrechts und -verfahrens eine chaotische Eskalation von Austrittsbe- 
strebungen verhindern.!? Dies gilt sowohl für die Austrittswilligen als auch für die restliche 
Bevólkerung, welche sich durch die Zustimmungserfordernisse zum Austritt áussern kann. 
  
?6 Vorne, III. B. 
?/ Vorne, II. B. 3. 
% Ausführlich dazu WILHELM, S. 95 ff. 
% PETERS Gebietsreferendum, S. 359 f. 
100 Zu differenzieren wäre allerdings bei grösseren Städten, insbesondere wenn z.B. Bern als Hauptstadt und Bun- 
dessitz austreten würde. 
101 KLEY, S. 293 f. 
1? PETERS Gebietsreferendum, S. 344. 
10 Als Beispiel aus der Schweiz: Bei der Abspaltung des Berner Juras eskalierte der Konflikt in den 1960er Jahren 
zunehmend bis hin zu gewaltsamen Auseinandersetzungen wie z.B. der Verübung von Sprengstoffanschlágen: 
Glaser, S. 466; <https://www.nzz.ch/jura/zweihundert-jahre-aufsaessigkeit-1.18147380> (besucht am 31.3.18). 
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