Toni Büchel und Caroline Hilt
Balzers ist naturräumlich ausserordentlich schön ein-
gebettet, verfügt über verschiedene Fliessgewässer und
ein auffallend reiches baukulturelles Erbe. Dieser Bei-
trag widmet sich alten und neuen Ideen und Visionen
für den öffentlichen Raum und trägt diese Potenziale
in einer Gesamtidee für ein lebenswertes Balzers von
morgen zusammen.
Grundlagen dafür bilden historische und aktuelle
Richtpläne und Entwicklungskonzepte sowie Veran-
staltungen und Interviews des Vereins ELF mit der
Balzner Bevölkerung. Aktuelle Diskussionen über
enkeltaugliche Dorfentwicklung werden ebenso be-
rücksichtigt wie vergleichbare Beispiele, deren Erfah-
rungen für die Entwicklung von Balzers wertvoll sein
Könnten.
Ausgangslage: Die Veränderung des Dorfes
im 20. Jahrhundert
Die Atmosphäre und das Zusammenleben in den
Dörfern Liechtensteins haben sich in den vergange-
nen 60 Jahren stark gewandelt. War Balzers in den
1950er-Jahren ein landwirtschaftlich geprägtes Dorf,
bestehend aus den beiden Ortskernen Mäls und Bal-
zers mit rund 1’750 Einwohner/innen, wohnten 2019
über 4’600 Personen in der Gemeinde. Im gleichen
Zeitraum vervielfachte sich die Wohnfläche pro Kopf:
teilten sich in den 1950er-Jahren oftmals mehrere Fa-
milienmitglieder ein Zimmer (ca. 8 m* Wohnfläche
pro Kopf), lag die durchschnittliche Wohnfläche bei
der Volkszählung 2015 in Balzers bei 52 m? pro Kopf.!
Eine weitere massgebliche Veränderung ergab sich
durch die Nutzung des Strassenraums: Wurde dieser
lange Zeit als Aufenthalts- und Begegnungsort, als
Fuss- und Radweg oder auch für landwirtschaftlichen
und Transitverkehr genutzt, passte man die Gestaltung
der Strassen seit den 1960er-Jahren immer stärker den
Bedürfnissen des Automobilverkehrs an. Konkret be-
deutete dies eine Verbreiterung vieler Strassen und
einen konsequenten Vortritt für die Autos, was den
Strassenraum für alle anderen Funktionen zunehmend
unattraktiv machte.
Ein Blick zurück: Das Dorf als Nutzungsgenos-
senschaft
Ein Blick auf die Kolleffel-Karte aus dem Jahr 1756
zeigt Balzers und Mäls mit «Schloß Guttenberg». Eine
Landstrasse führt, von Triesen kommend, durch Bal-
zers und weiter hinauf zur Luziensteig. Um die beiden
historischen Ortskerne herum sind durch Zäune be-
grenzte Ackerfluren verzeichnet.
Wie in der seit dem Mittelalter gängigen Agrarverfas-
sung war der Dorfverband bis ins Jahr 1809 in erster
Linie eine Nutzungsgenossenschaft. Die Nutzung des
allgemeinen Besitzes an Wäldern, Weiden und Alpen
stand den berechtigten Haushaltsvorständen zu. Ande-
re Parzellen, etwa zum Anbau von Brotgetreide, stan-
den den Nutzungsberechtigten ebenfalls zu, konnten
vom Rest der Gemeinde allerdings ebenso als Früh-