Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2020) (2020)

nach: Der Landvogt müsse sofort eine Neuwahl des 
Hausmeisters vornehmen. Die beiden Bewerber aus 
der ersten Wahl dürften daran nicht teilnehmen. Die 
Wahl müsse mit einem «libell vota» (Stimmenverzeich- 
nis) durchgeführt werden. Sollten sich die Untertanen 
weigern, sollte jeder Ungehorsame in einem Protokoll 
eigenhändig seine Weigerung bestätigen. Der Landvogt 
sollte diese Liste dem Fürsten zur Kenntnis bringen 
und Vorschläge machen, wie man die Ungehorsamen 
zum «Parieren» zwingen könne. Die bei der Wahl des 
Hausmeisters vorgekommenen Missbräuche, insbeson- 
dere die Saufereien, seien ein für alle Mal abzustellen. 
Weiter sollte der Landvogt prüfen, ob das Kaufhaus 
nicht nach Vaduz verlegt werden könne. Dem Rädels- 
führer Christian Brunhart sollte «angedeutet» werden, 
dass man ihn — den andern als abschreckendes Bei- 
spiel — mit harter Leibesstraf bestrafen werde, wenn er 
weitere aufrührerische Reden halte. Zu diesem Zweck 
sollte das Oberamt Fussschellen und Eisen bereit- 
halten: Die widerspenstigen Gesellen sollten künftig 
in einer Zwangsarbeitsanstalt untergebracht werden. 
Dem ungehorsamen Landammann Banzer und seinen 
Anhängern müsse klar gemacht werden, dass ihre Wi- 
dersetzlichkeit strafbar sei. Banzer wurde gar Meuterei 
vorgeworfen, weil er eine nicht bewilligte Gemeinde- 
versammlung einberufen hatte. Dass sich die Unterta- 
nen auf die eben erst bestätigten alten Rechte beriefen, 
sei ein nichtiger Vorwand: Der Fürst habe ihnen nichts 
als die guten alten Sitten und Gewohnheiten bestä- 
tigt, eine Bestätigung der Missbräuche und schlechten 
Gewohnheiten könnte er nicht mit seinem Gewissen 
vereinbaren. Trotz dieser wiederholten klaren Strafan- 
drohungen liess es der Fürst aber bei scharfen Worten 
bewenden. Dies entsprach einer vom Fürsten auch bei 
anderen Gelegenheiten angewandten Taktik: Die wi- 
derspenstigen Untertanen sollten eingeschüchtert wer- 
den, die Beamten sollten es aber nicht zum Äussersten 
kommen lassen. Bei einem harten Durchgreifen wäre 
ein Aufruhr der Untertanen zu befürchten gewesen, 
der nur mit Truppen des Schwäbischen Kreises hätte 
unter Kontrolle gebracht werden können. Dem Ruf 
des Fürsten und des Landes hätte dies enorm gescha- 
det — das wollte der Fürst nicht. 
Ein Gerücht über einen angeblichen Ehebruch von 
Landammann Banzer war bis zum Fürsten vorge- 
drungen. Anton Florian befahl dem Landvogt, die- 
sem Gerücht nachzugehen. Der Landammann solle 
dazu vernommen werden. Sollte sich der Ehebruch 
erhärten, sollte der Landammann suspendiert und 
das Amt interimistisch Alt-Landammann Hoop und 
Landeshauptmann Schreiber übertragen werden. Der 
Fürst hätte es offensichtlich gerne gehabt, wenn man 
den widerspenstigen Landammann für sein Amt «in- 
habil» (untauglich) hätte machen können. Der Fürst 
war sich aber bewusst, dass diese Angelegenheit sehr 
delikat war und befahl ausdrücklich, dass alles insge- 
heim geschehen müsse. Dem Landammann solle die 
landesherrliche Ungnade nur indirekt zu spüren gege- 
ben werden. Hier zeigt sich deutlich, dass das Amt des 
„andammanns seinem Träger einen gewissen Schutz 
verlieh, das Oberamt wollte trotz schwerer Vorwürfe 
nicht direkt gegen Banzer vorgehen. 
Die Neuwahl des Hausmeisters fand schliesslich am 
25. November 1718 statt. Sie ging nicht ganz so glatt 
über die Bühne, wie der Landvogt dies gehofft hatte. 
Einleitend gab dieser den Befehl des Fürsten vom 22. 
Oktober und die darin enthaltenen schweren Strafan- 
drohungen bekannt. Dann fragte er die Untertanen, ob 
sie nun die Wahl gehorsam vornehmen wollten oder 
ob sie sich weiter widersetzten. Landammann Banzer 
und seine Anhänger wollten einen «Abstand» nehmen 
(das heisst die Wahl unterbrechen, um sich draussen 
zu beraten). Das wurde ihnen zugestanden. Als Tho- 
nas Brunhart dem hinausgehenden Banzer folgte, rief 
dieser zurück: «Komme nur, wer unser Part ist, es seie, 
wer er wolle.» Darauf seien ihre Anhänger mit ihnen 
aus dem Kaufhaus gegangen. Als sie wieder ins Kauf- 
haus kamen, legte Banzer zuerst die «Kurialien» (zere- 
monielle, barocke Höflichkeitsfloskeln) ab und brachte 
dann «unterthänigst gehorsambst» vor, dass sie bei der 
ersten Wahl Brunhart gewählt hätten und hofften, der 
Fürst werde sie in ihren alten Rechten und Gerech- 
tigkeiten schützen und schirmen. Sollte bei der ersten 
Wahl etwas «ohngleiches» (unrechtes) geschehen sein, 
so sollten ihnen die Kläger gegenübergestellt werden, 
da sie diesen «genugsamb gewachsen» seien. Sollte die 
andere Partei aber zum Fürsten nach Wien wollen, 
wären sie auch «capabel» nach Wien zu gehen. Was 
aber die Anschwärzungen bei der Obrigkeit betreffe, 
könne keiner seiner Anhänger sagen, dass er — Banzer — 
sie zu etwas animiert habe. Seine Anhänger hätten ihm 
aufgetragen, ein Memorial an den fürstlichen Kommis- 
sär Harpprecht zu schicken. Wenn das Memorial wirk- 
lich höchsten Ortes eingelangt sei, bevor das fürstliche 
„DA
	        

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