Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2020) (2020)

Die beiden früheren Bewerber seien von der Wahl aus- 
geschlossen. Da trat Thomas Brunhart vor und sagte, 
das Ganze sei für ihn ein «grosser Affront» und er ver- 
lange zu wissen, ob er ein «Schelmenstück» begangen 
habe. Wenn ja, solle man es ihm darlegen. Die Ge- 
meinde habe das Recht einen Hausmeister zu wählen 
und sie habe ihn gewählt. Er lasse sich von niemand 
anderem absetzen, er protestiere und schlage vor, dass 
die Kanzlei die Beschwerden untersuche und ihm die 
Kläger «an die Seite» stelle. Landvogt Grentzing erklär- 
te, Paul Negele sei seines Wissens auch ein ehrlicher 
Mann, er müsse aber auch zurückstehen, weil sie beide 
durch Saufen, Drohen und Spendieren auf Stimmen- 
“ang gegangen seien. Die Gemeinde könne einen an- 
deren Hausmeister «in freier Wahl» wählen. Man wolle 
ihr nicht das Wahlrecht nehmen, sondern eine gute 
Ordnung einführen. Darauf rief der Landvogt mögliche 
Interessenten auf, sich als Hausmeister zu bewerben. 
Nun stieg Thomas Brunhart auf das Podest und fing 
an, laut zu protestieren. Er wurde aber vom Landvogt 
zurückgewiesen: Er habe den Protest Brunharts schon 
vernommen. Paul Negele «submittierte» (unterwarf) 
sich und verzichtete auf eine Bewerbung. Schliesslich 
bewarben sich vier Männer für die Hausmeisterstelle: 
Schlossleutnant Leontius Frick,!! Egidi Nipp, Christian 
Negele und Basil Nigg. 
«Wehret euch, ihr jungen Nachbarn» schrie einer, als 
der Landvogt im Kaufhaus mit der Stimmabgabe be- 
ginnen wollte. Der Landvogt fragte ihn nach seinem 
Namen. Der Landvogt notierte «Christian Brunhart» 
— es war ein Cousin von Thomas Brunhart. Der Land- 
vogt befahl allen Gemeindsleuten, das Kaufhaus zu 
verlassen und dann einzeln hereinzukommen, um ihr 
«Votum» dem Landvogt abzugeben. Da rief Thomas 
Brunhart: «Man mehret oder wählet nit mer!» Nun 
blieben alle im Kaufhaus stehen und fingen an, sich zu 
«zanken». Einer der Gehorsamen hinterbrachte dem 
Landvogt, man lasse die Gehorsamen nicht hinaus, die 
Ungehorsamen stünden vor der Tür. Mit Drohungen 
brachte es der Landvogt schliesslich so weit, dass alle 
hinaus konnten. Der Landvogt stellte einen Geschwo- 
renen vor die Tür, der einen nach dem andern hinein- 
schicken sollte. Auf dem Platz draussen entstand lautes 
Geschrei; der Landvogt schickte zweimal jemanden 
hinaus, um Frieden zu gebieten. Von den «Gehorsa- 
men» kam einer nach dem andern herein, sie gaben 
ihr Votum ab und baten den Landvogt, er möge sie 
vor den anderen schützen. Diese hätten ihnen für den 
Fall, dass sie gehorchten, «sehr» gedroht. Die Drohun- 
gen wurden nicht konkretisiert, höchstwahrscheinlich 
wurde ihnen aber mit dem Verlust des Gemeindenut- 
zens gedroht. Weil nur wenige «gehorsamten», ging 
Alt-Landammann Basil Hoop hinaus und ermahnte 
die Widerspenstigen zum Gehorsam: Die Gemeinde 
verliere sonst das Recht den Hausmeister zu wählen 
vielleicht sogar das Kaufhaus. Diese Ermahnungen 
bewirkten jedoch nichts: Es war keiner mehr bereit zu 
«votieren», vielmehr ging einer nach dem andern nach 
Hause. Der Landvogt musste schliesslich dasselbe tun. 
Als treue Untertanen wurden namentlich erwähnt: 
Alt-Landammann Basil Hoop,!? der Geschworene 
Bartholome Eberle, Landeshauptmann Konrad Schrei- 
ber,!3 Schlosshauptmann Franz Josef Schreiber!* und 
Schlossleutnant Leontius Frick.!” Diese Namen zei- 
zen, dass sich die besser gestellte lokale Oberschicht 
(mit Ausnahme von Anton Banzer) «gehorsam» zeigte. 
Fürst Anton Florian ordnete an, dass man ihnen bei 
Gelegenheit eine fürstliche Gnade erweisen sollte. 
Mit einer auf den 5. Oktober 1718 kurzfristig ein- 
berufenen Gemeindeversammlung sollten der Zu- 
sammenhalt in der Gemeinde gesichert und Thomas 
und Christian Brunhart gestützt werden. Landvogt 
Grenzing war fest entschlossen, die beiden «einzusto- 
cken» (ins Gefängnis zu bringen). Nach der geschei- 
terten Neuwahl des Hausmeisters zitierte er die bei- 
den Cousins auf Schloss Vaduz, wo sie den Schlüssel 
für das Kaufhaus abgeben sollten. Bartholome Eberle 
musste Thomas Brunhart die oberamtliche Vorladung 
zustellen. Dieser beriet sich mit Landammann Ban- 
zer. Die beiden waren, so die Meinung des Landvogts, 
nicht nur Verwandte, sondern auch beste Freunde. Der 
Landammann berief noch für den gleichen Abend eine 
Gemeindeversammlung ein — nicht bewilligte Ver- 
sammlungen waren verboten. Diese beschloss, dass 
Thomas Brunhart zwar der oberamtlichen Vorladung 
Folge leisten sollte, den Kaufhausschlüssel jedoch 
nicht dem Landvogt geben sollte. Christian Steger 
warf an der Versammlung den Gehorsamen vor, dass 
sie die Gemeinde um ihre Rechte brächten, weil sie 
nicht auf die alten Rechte und Gerechtigkeiten poch- 
ten. Alt-Landammann Basil Hoop hingegen trat dafür 
ein, dass die Gemeinde gehorchte. 
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