de zur Frühlings- und Sommeratzung und was noch
übrig blieb, fand als Streue Verwendung. Zweifellos
von nicht geringerer Bedeutung war für die Balzner
und Mälsner das von ihnen behauptete Wegrecht zum
Viehtrieb vom Mälsner Berg — wohl örtlich identisch
mit dem Fläscher Berg, dem Bergrücken südlich von
Mäls zwischen Rhein und Prad — über das Riet zum
St. Katrinabrunna am Fusse des Andsteins. Weg- und
Nutzungsrecht war somit eine Angelegenheit, die die
ganze Dorfgemeinschaft mehr oder weniger betraf,
das Riet wurde genossenschaftlich genutzt und stand
in Gemeindebesitz. Auf der Fläscher und Maienfelder
Seite dagegen waren nur einige wenige Dorfgenos-
sen in den Konflikt involviert, die denn auch explizit
namentlich in der Urkunde aufgeführt werden. Und
die getroffene Entscheidung, darauf ist zurückzukom-
men, scheint diesem Umstand auch Rechnung getra-
gen zu haben. Dass sich die Dorfgenossen von Fläsch
und Maienfeld nicht in corpore an diesem kostspieli-
gen Streit beteiligten, scheint verständlich, betraf der
Konflikt doch nur einige Mitbewohner, die jenseits der
St. Luzisteig im Grenzgebiet zu Balzers über wohl
immer wieder umstrittene Nutzungs- bzw. Eigentums-
rechte verfügten. Ob dieses Abseitsstehen als Hinweis
auf mangelnde Solidarität unter den Dorfgenossen zu
werten ist, mag dahingestellt bleiben, jedenfalls konn-
ten sich die Kläger aus Maienfeld und Fläsch nicht auf
das Gewicht der ganzen Dorfgemeinschaft in ihrem
Streit mit Balzers berufen, was ihre Chancen für einen
günstigen Entscheid wohl geschmälert haben mag.
Der Entscheid
Den drei Brüdern Wolfhart VI, Sigmund I. und Ulrich
von Brandis oblag es nun, zwischen ihren Untertanen
dies- und jenseits der St. Luzisteig zu vermitteln und
ine von beiden Konfliktparteien akzeptable Entschei-
dung zu treffen. Die Einberufung eines neuen Schieds-
gerichts kam allerdings nicht mehr in Frage, denn es war
wohl davon auszugehen, dass dieses sich nicht einigen
konnte und der Stichentscheid letztendlich bei den
Brandisern lag. Unmissverständlich halten die Brandi-
ser Brüder denn auch fest wie wir alle dry gemainlich sy
baid tail hierumb mit vnserm spruch jn der guttigkait ent-
schaiden vnd zwischent jn nach vnser besten verstantnuss
vssprechent, das sy daz vff baiden tailn vnd menglich
von jrn wegen waur, vest vnd stett halten vnd haben |
sollent vnd darwider dannenthin ewigclich niemermere
nicht reden, sin noch thun jn kainen wege, sunnder dem
gestragktz vnd ane waigrunnge nachkomen by jrn gutten
vnd handgegebnen trüwen, damit sy vns das zu haltendt
an aydes statt gelobt, |!* versprochen vnd verhaissen ha-
hend. Kein Gerichtsentscheid sollte die Streitparteien
also zur Ruhe und Ordnung an der St. Luzisteig zwin-
gen, vielmehr setzte man auf beiderseitige Einsicht und
Kompromissbereitschaft, sodass eine Regelung jn der
guttigkait vorgenommen werden konnte. Allerdings —
und das scheint für die Brandiser nicht weniger klar
gewesen zu sein — war es höchste Zeit, gleichsam
Nägel mit Köpfen zu machen, diesen mererer mu,
beschwarunng, vnrates, arbait, costung vnd | scheden
verursachenden Konflikt ein für alle Mal aus der Welt
zu schaffen. Und trotzdem der Sachverhalt aufgrund
der vorangegangenen Bemühungen um eine schieds-
gerichtliche Lösung unter Wolfhart VI. eigentlich klar
gewesen sein dürfte, musste das ganze Prozedere er-
neut wiederholt werden, denn es galt für die Brandi-
ser wohl die verbindlichen Rechtsformen einzuhalten,
sodass sy baid parthyen mer dann zu ainem |!° für uns
ff die stosse vnd an annder ennde zu tagen berufft, jr
haidersit clag, red vnd widerrede, kuntschafft, lüt, brieue
vnd alles, das si gegen ainanndern getrüwten zugenies:
sen, das sy vns och jn geschriffte geantwurt zu jrm gut
ten wolbenugen vnd nach not- |!” turfft aigentlich gehort
haben. Schliesslich wurde nach zitigem raute gaistlicher
nd weltlicher erbrer, wyser lüte vnd vnser selbs besten
verstantnuss die Entscheidung getroffen und die Bran-
diser Brüder präsentierten ihren mynne spruch jn der
guttigkait also. Den Balznern wurde die Nutzung des
umstrittenen Riets vom «Landgraben» aufwärts bis zu
den Pradwiesen als Allmend eingeräumt und zwar bis
zu einer durch Marksteine gekennzeichneten Grenze.
Allen Dorfgenossen wurde somit das Recht zugestan-
den, dass sie, das obgeschriben riete von dem vorgenemp-
ten lantgraben hinuffwert gegen den Prad Wisen nützen,
n“iessen, mayen, mit jrm viche waiden vnd das zu aller
ir notturfft |!? bruchen söllent vnd mügendt alz jr gemain
gut bis an vnd jn die margken vnd margkstain, die wir
an dem ennde durchuss habend gestelt. Den betroffenen
Fläschern und Maienfeldern kam man insoweit entge-
gen, dass man ihnen die Nutzung der in Privatbesitz
efindlichen Rietteile bis an den erwähnten Grenz-
verlauf zusicherte, wobei festgehalten wurde, als Be-
dingung oder aus Eigeninteresse muss dahingestellt
oleiben, dass sie jn jrem costung ainen nuüwen graben
solichen vorgeschribnen vnnsern ge- |? setzten margken