Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2019) (2019)

Balzner, die wegen Hexerei angeklagt wurden 
1598 soll eine Frau namens Ottilia Kirchenwachs ver- 
zaubert haben, so dass sich dieses nicht zu Kerzen for- 
men liess. Das Urteil gegen Ottilia ist nicht bekannt.“ 
Simon von Vill wurde 1679 wegen Hexerei angeklagt. 
Er machte sich verdächtig, weil seine Mutter und 
deren Freunde in einem sehr schlechten Ruf standen 
und er sich bei Prozessbeginn für ein Jahr nach Rom 
begeben hatte. Der Gutachter kam zum Schluss, dass 
die Denunzianten nur vom Hörensagen berichteten 
und eine Romreise kein Beweis war, dass er dem Pro- 
zess entgehen wollte.“ 
Christian Nigg aus Mäls wurde 1680 achtmal wegen 
Hexerei und Schadenzauber denunziert. Er habe seinen 
Sohn Anton beauftragt, der «Kindbetterin» Catharina 
Beck ein Kännchen Wein zu bringen. Als diese davon 
trank, habe sie gleich grosse Schmerzen bekommen. 
Die Denunziantin war Catharinas Mutter.“ 
Catharina Nigg, die Witwe nach Christian Steger, 
stand 1680 vor Gericht, weil sie von Jakob Willi, mit 
dem sie Streit hatte, des Schadenzaubers bezichtigt 
wurde. Die Anschuldigung war nach Meinung des 
Gutachters haltlos.° 
Ulrich Weiss kam 1680 vor Gericht. Er war dreizehn- 
mal von später hingerichteten Personen denunziert 
worden und soll dreimal bei Hexenversammlungen 
als «Spielmann» (Musiker) und Geiger aufgetreten 
sein. Seine Mutter und seine Schwiegermutter seien 
als Hexen verbrannt worden, er selber werde von allen 
als Hexenmeister angesehen. Der Gutachter befand, 
dass allein aufgrund des Aussehens und von Denun- 
ziationen eine Verurteilung nicht möglich sei, einen 
erlittenen Schaden müsse man nachweisen und nicht 
nur behaupten.“ Wichtig ist dieser Fall, weil sich hier 
ein Hinweis auf zwei hingerichtete Frauen findet, die 
möglicherweise aus Balzers stammten — es gähe dann 
also doch Opfer aus Balzers. 
Ferdinand Karl Franz Graf von Hohenems — 
ein Wüstling und Rowdy 
Nach dem Tod seines Vaters Franz Wilhelm I. von Ho- 
henems (1662) trat Ferdinand Karl Franz Graf von 
Hohenems die Regierung in Vaduz und Schellenberg 
an. Bis 1675 stand er unter Vormundschaft. Danach 
geriet er wegen Gotteslästerungen, wildem Fluchen, 
sexuellen Ausschweifungen, Gewalttätigkeiten, Ver- 
schwendungssucht usw. in einen üblen Ruf. Besonders 
schlimm trieb er es, wenn er besoffen war. Die Miss- 
wirtschaft und die von ihm intensivierten Hexenpro- 
zesse führten 1684 zur Einsetzung einer kaiserlichen 
Untersuchungskommission. Diese prüfte die Vorwürfe 
gegen Ferdinand Karl. Der Graf wurde abgesetzt und 
auf der Burg Kemnat, die dem Stift Kempten gehörte, 
unter Arrest gestellt. Dort starb er 1686. 
Die Aussagen der drei Balzner Zeugen vor dieser Kom- 
mission werden hier zusammengefasst wiedergege- 
ben. 
Laurenz Hemmerl, Pfarrer in Balzers, 44 Jahre alt 
Der Graf treibe in der Kirche Unfug, er scherze in 
der Kirche und halte andere vom Gebet ab. Einmal 
habe er während der Predigt in der Sakristei geraucht, 
der Mesmer habe ihm Feuer vom Ewigen Licht holen 
müssen. Ein anderes Mal habe man ihm während der 
Predigt Wein aus dem Pfarrhof bringen müssen, weil 
der Pfarrer zu lange gepredigt habe. Bei Ulrich Weiss 
habe er vor Weibspersonen in ein Handbecken gepisst. 
Der Graf zeige keinen Respekt vor Geistlichen: Ein- 
mal habe er den Pfarrer zur Kirchweih auf Gutenberg 
eingeladen und als der Pfarrer nach Hause gehen woll- 
te, habe er ihm den Hut genommen und «öfters mit 
dem stockh zimlich hart uff den kopff geschlagn». Der 
Graf habe dem Pfarrer gedroht, ihn zu verprügeln und 
von der Pfarrei zu entfernen. 
Basil Hoop, Landammann, 35 Jahre alt 
Hoop habe selber gesehen, dass der Graf den blossen 
Hintern zum Fenster hinausgezeigt und öffentlich in 
Gläser uriniert habe. Die Gläser habe er andern zum 
Trinken anerboten. Der Graf habe ihm, dem Landam- 
mann, als er um Erlaubnis für die Traubenlese bat, zwei 
«Maultaschen» (Ohrfeigen) gegeben, vorher habe er 
schwer geflucht. Auch andere Leute aus dem Gericht 
habe er öfters mit Maultaschen und Prügeln traktiert. 
Konrad Schreiber, Landeshauptmann, 28 Jahre alt 
Der Graf habe während der Heiligen Messe in Vaduz 
Steine genommen und auf Weiber geworfen. Schrei- 
ber habe zwei- oder dreimal selber gesehen, wie sich 
der Graf entblösst und in ein Handbecken oder Glas 
uriniert habe, das er ihm dann zu trinken gegeben 
habe. In Triesen habe der Graf die Gerichtsleute bei 
der Kirchweih zum Tanzen gezwungen. Andere, die in 
den Rosenkranz gehen wollten, habe er gezwungen, 
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