Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2019) (2019)

Im Dorfbrand von 1795 brannten die Häuser im Zentrum ab, 
wurden aber wieder aufgebaut. Obwohl die Gebäude wiederholt 
umgebaut wurden, lassen die heutigen Fassaden und Kubaturen 
die Bedeutung der ehemaligen Wirtshäuser noch erahnen. 
Rodfuhrwesen 
Das einträglichste Gewerbe war der Rodfuhrverkehr, 
der ein mässiges Verkehrsaufkommen und damit 
Einnahmen generierte. Die wichtigsten Transitgüter 
waren Getreide, Salz und andere «Kaufmannswaren» 
Der Warentransit war seit 1499 durch eine sogenann- 
te Rodordnung geregelt, die im Laufe der Jahrhun- 
derte mehrfach erneuert wurde. Was gleich blieb, war 
die Bestimmung, dass die Landstrasse in Abschnitte 
unterteilt wurde, wobei auf einem Abschnitt nur die 
Genossen einzelner Gemeinden Waren transportieren 
durften. Die Balzner hatten das ausschliessliche Recht, 
die Waren von der Zuschg in Balzers nach Maienfeld 
zu führen. Der Begriff «Rod» bedeutete, dass etwas 
in einer bestimmten Reihenfolge zu geschehen hatte. 
Wie innerhalb der Gemeinde Balzers die Fuhren auf- 
geteilt wurden, war in der Dorfordnung geregelt: Die 
Anzahl Fuhren, die einem Dorfgenossen zustanden, 
hing von seiner Steuerleistung ab. Wer ein Vermögen 
bis 800 Gulden versteuerte, durfte fünf Fuhren laden, 
wer 800 bis 1’500 Gulden versteuerte, sechs Fuhren; 
wer 1'500 bis 2'000 Gulden versteuerte, sieben Fuh- 
ren und wer mehr als 2'000 Gulden versteuerte, acht 
Fuhren. Wenn zwei Bauern nur zusammen ein Ge- 
spann («Mene») hatten, durften sie sechs Fuhren laden. 
In Balzers gab es drei Zuschgen, die zu den Wirtshäu- 
sern «Post», «Engel» und «Adler» gehörten. Eine Zuschg 
(Sust) war ein gemauerter Lagerraum, der in der Regel 
auf beiden Schmalseiten ein Tor hatte, damit die Pfer- 
degespanne durchfahren konnten. In den Zuschgen 
wurden die Waren umgeladen oder zwischengelagert. 
Beim «Liechtensteiner Hof» gab es ein «Kaufhaus», wo 
man Transitwaren kaufen konnte. Der «Hausmeister» 
kontrollierte den Warentransport, verteilte die Fuh- 
ren auf die Dorfgenossen, sorgte für den rechtzeitigen 
Weitertransport und zog die Abgaben ein, mit denen 
die Fuhrleute bezahlt wurden. 
Der Rodfuhrverkehr verunmöglichte einen raschen 
und billigen Warentransport, er war den Kaufleuten 
deshalb ein Dorn im Auge. Um ihnen entgegenzukom- 
men, wurden sogenannte «Strackfuhren» eingeführt, 
die einem Fuhrunternehmen den direkten Transport 
mit eigenen Fuhrwerken ermöglichten. Für die Stras- 
senbenützung mussten dann höhere Gebühren ent- 
richtet werden. Trotz der wachsenden Kritik bestand 
dieses Transportsystem bis ins frühe 19. Jahrhundert. 
Mühle 
Mühlen erleichterten den Bauern die Arbeit und waren 
ür die Herrschaft eine willkommene Einnahmequelle. 
Die Balzner Mühle ist bereits auf dem Plan von 1750 
als allein stehendes Gebäude am Bach (am heutigen 
Standort der Mühle) eingezeichnet. Das Urbar von 
1614 erwähnt eine «mühli zu Balzers sambt stampf, 
plewel und brunnen».“ — Der Begriff «Brunnen» könn- 
te ein Hinweis auf einen Mühleweiher sein. Die Be- 
griffe «Stampfe» und «Bleuel» meinen einen Balken 
oder ein schweres Brett, das mit Wasserkraft gehoben 
und dann in einen Trog fallen gelassen wird, um etwas 
zu «bleuen» (schlagen) oder zu «stampfen» (zerstamp- 
fen, verkleinern).*! Bleuel und Stampfen wurden zum 
Brechen von Flachs und Hanf verwendet, aus denen 
"‚,einentücher, Stricke und dergleichen hergestellt wur- 
den. Dass es bei der Balzner Mühle auch eine Säge gab, 
ist erst für das frühe 19. Jahrhundert belegt. Landvogt 
Josef Schuppler erwähnt in seiner Landesbeschreibung 
von 1815 eine «Privatmühle mit Brettsäge».“? 
Die rentablen Gewerbe waren landesherrliche Mono- 
pole, für deren Ausübung jährliche Abgaben an den 
Landesherrn entrichtet werden mussten. Im Fall der 
Balzner Mühle betrugen diese zwei Viertel Schmalz 
"Butter), zwei Wertkäse und zehn Hühner. Weiter 
musste er - damit am «bach so ab der Staig gehet» 
ceine zweite Mühle gebaut werden durfte — jährlich 
ain Viertel Schmalz, einen Wertkäse und fünf Hühner 
antrichten.® Der Landesherr liess sich also dafür be- 
zahlen, dass er den Müller vor Konkurrenz verschonte. 
Ein «Wertkäse» war eine Abgabe im Wert eines Käses 
von etwa fünf Kilogramm.
	        

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