Im Dorfbrand von 1795 brannten die Häuser im Zentrum ab,
wurden aber wieder aufgebaut. Obwohl die Gebäude wiederholt
umgebaut wurden, lassen die heutigen Fassaden und Kubaturen
die Bedeutung der ehemaligen Wirtshäuser noch erahnen.
Rodfuhrwesen
Das einträglichste Gewerbe war der Rodfuhrverkehr,
der ein mässiges Verkehrsaufkommen und damit
Einnahmen generierte. Die wichtigsten Transitgüter
waren Getreide, Salz und andere «Kaufmannswaren»
Der Warentransit war seit 1499 durch eine sogenann-
te Rodordnung geregelt, die im Laufe der Jahrhun-
derte mehrfach erneuert wurde. Was gleich blieb, war
die Bestimmung, dass die Landstrasse in Abschnitte
unterteilt wurde, wobei auf einem Abschnitt nur die
Genossen einzelner Gemeinden Waren transportieren
durften. Die Balzner hatten das ausschliessliche Recht,
die Waren von der Zuschg in Balzers nach Maienfeld
zu führen. Der Begriff «Rod» bedeutete, dass etwas
in einer bestimmten Reihenfolge zu geschehen hatte.
Wie innerhalb der Gemeinde Balzers die Fuhren auf-
geteilt wurden, war in der Dorfordnung geregelt: Die
Anzahl Fuhren, die einem Dorfgenossen zustanden,
hing von seiner Steuerleistung ab. Wer ein Vermögen
bis 800 Gulden versteuerte, durfte fünf Fuhren laden,
wer 800 bis 1’500 Gulden versteuerte, sechs Fuhren;
wer 1'500 bis 2'000 Gulden versteuerte, sieben Fuh-
ren und wer mehr als 2'000 Gulden versteuerte, acht
Fuhren. Wenn zwei Bauern nur zusammen ein Ge-
spann («Mene») hatten, durften sie sechs Fuhren laden.
In Balzers gab es drei Zuschgen, die zu den Wirtshäu-
sern «Post», «Engel» und «Adler» gehörten. Eine Zuschg
(Sust) war ein gemauerter Lagerraum, der in der Regel
auf beiden Schmalseiten ein Tor hatte, damit die Pfer-
degespanne durchfahren konnten. In den Zuschgen
wurden die Waren umgeladen oder zwischengelagert.
Beim «Liechtensteiner Hof» gab es ein «Kaufhaus», wo
man Transitwaren kaufen konnte. Der «Hausmeister»
kontrollierte den Warentransport, verteilte die Fuh-
ren auf die Dorfgenossen, sorgte für den rechtzeitigen
Weitertransport und zog die Abgaben ein, mit denen
die Fuhrleute bezahlt wurden.
Der Rodfuhrverkehr verunmöglichte einen raschen
und billigen Warentransport, er war den Kaufleuten
deshalb ein Dorn im Auge. Um ihnen entgegenzukom-
men, wurden sogenannte «Strackfuhren» eingeführt,
die einem Fuhrunternehmen den direkten Transport
mit eigenen Fuhrwerken ermöglichten. Für die Stras-
senbenützung mussten dann höhere Gebühren ent-
richtet werden. Trotz der wachsenden Kritik bestand
dieses Transportsystem bis ins frühe 19. Jahrhundert.
Mühle
Mühlen erleichterten den Bauern die Arbeit und waren
ür die Herrschaft eine willkommene Einnahmequelle.
Die Balzner Mühle ist bereits auf dem Plan von 1750
als allein stehendes Gebäude am Bach (am heutigen
Standort der Mühle) eingezeichnet. Das Urbar von
1614 erwähnt eine «mühli zu Balzers sambt stampf,
plewel und brunnen».“ — Der Begriff «Brunnen» könn-
te ein Hinweis auf einen Mühleweiher sein. Die Be-
griffe «Stampfe» und «Bleuel» meinen einen Balken
oder ein schweres Brett, das mit Wasserkraft gehoben
und dann in einen Trog fallen gelassen wird, um etwas
zu «bleuen» (schlagen) oder zu «stampfen» (zerstamp-
fen, verkleinern).*! Bleuel und Stampfen wurden zum
Brechen von Flachs und Hanf verwendet, aus denen
"‚,einentücher, Stricke und dergleichen hergestellt wur-
den. Dass es bei der Balzner Mühle auch eine Säge gab,
ist erst für das frühe 19. Jahrhundert belegt. Landvogt
Josef Schuppler erwähnt in seiner Landesbeschreibung
von 1815 eine «Privatmühle mit Brettsäge».“?
Die rentablen Gewerbe waren landesherrliche Mono-
pole, für deren Ausübung jährliche Abgaben an den
Landesherrn entrichtet werden mussten. Im Fall der
Balzner Mühle betrugen diese zwei Viertel Schmalz
"Butter), zwei Wertkäse und zehn Hühner. Weiter
musste er - damit am «bach so ab der Staig gehet»
ceine zweite Mühle gebaut werden durfte — jährlich
ain Viertel Schmalz, einen Wertkäse und fünf Hühner
antrichten.® Der Landesherr liess sich also dafür be-
zahlen, dass er den Müller vor Konkurrenz verschonte.
Ein «Wertkäse» war eine Abgabe im Wert eines Käses
von etwa fünf Kilogramm.