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für JlibilJöimniJbiStWil0IJilhmi» [Mitgeteilt aus Bal
zers]. In Nr. 30 der O. Nr. [Landeswochenschau]
ist auf kommenden Herbst eine Beschlagnahme
der entbehrlichen Feldfrüchte in Aussicht gestellt.
Meiner Ansicht nach ist diese Beschlagnahme un
nötig, und zwar aus dem Grunde unnötig, weil die
Leute freiwillig schon während der ganzen Kriegs
zeit das Entbehrliche hergegeben haben. Es vergeht
fast kein Tag, dass nicht Lebensmittel zum Dorfe
Balzers hinauswandern und zwar grösstenteils dem
Triesnerberg zu, wiewohl die Triesenberger letzten
Winter gegen uns Heuausfuhrverbot hatten, was gar
nicht am Platze war.
Es heisst immer, man solle es mit der Lebensmit
telversorgung machen wie in der Schweiz und in
andern Staaten; das ist an und für sich sehr gut. In
der Schweiz, ja, da wird die Sache richtig gepackt,
da heisst’s, wenn einer Land genug hat: so und so
viel musst du anbauen und pflanzen. In unserem
Lande, z.B. gerade am Triesnerberg, mache man es
vorerst hierin ebenso wie in der Schweiz und in an
dern Staaten! Es gibt sehr viele am Triesnerberg, die
Land genug hätten Kartoffeln, Roggen und Gerste
anzupflanzen; ein solcher Anbauzwang sollte nach
meiner Ansicht einer Beschlagnahme vorausgehen.
Manche Bauern treiben aber eben lieber Viehzucht
als Ackerbau, es scheint ihnen rentabler zu sein;
aus dem Vieh lösen sie enorme Preise, die übrigen
Lebensmittel beziehen sie aus dem Lande herauf;
überdies haben sie weniger Gefahr und Wag. betreff
Hagel und Ungewitter als beim Ackerbau, und dann
muss hauptsächlich auch nicht vergessen werden,
welch riesige Arbeit ein so grosses Pflanzgebiet im
Tale gibt, da muss alles dran, vom Morgen früh bis
abends spät.
Zum Schlüsse möchte ich nur noch kurz daraufhin
weisen, wohin es führen könnte, falls die Beschlag
nahme, besonders ohne Anbauzwang, verwirklicht
werden sollte; die meisten Talbewohner würden
künftighin nur mehr so viel anpflanzen, um ihren
nötigsten Bedarf zu decken, aus dem übrigen Acker
land würden sie Wiesland machen.
Liechtensteiner Volksblatt, 2. August 1918
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Obeirheinische Nachrichten, 17. August 1918
[Einges.] Wir erlauben uns auf einige Punk
te des Eingesandt [Anbauzwang] von Nr. 33 der
«O. N.» folgendes zu erwidern: Den Einsender von
Nr. 31 des «Liechtenst. Volksblatt» müssen wir voll
ständig unterstützen. Schreiber der «O. N.» soll sich
selbst überzeugen, wie die Stimmung beim Volke ist
betr. einer Beschlagnahme der Lebensmittel ohne
Anbauzwang. Jeder Bauer im Lande weiss am bes
ten was er zu tun hat, er braucht zu diesem Betriebe
wohl auch Logik, aber da ist die Praxis das bewähr
teste Mittel, das es nur geben kann; diese zeigt uns
ganz augenscheinlich was früher an und auf den
Bergen gewachsen ist, gedeiht auch heute noch. Z.B.
Guscha liegt doch jedenfalls ziemlich höher als Trie-
senberg, und dort ist unseres Denkens immer Korn
gewachsen und wächst heute noch. Es wird noch
manchem Bürger vom Lande in Erinnerung sein,
dass, wenn man in früheren Zeiten im Herbste von
den Alpen kam, man fast an jedem Heustall Roggen
oder Gerste zum Dörren aufgehängt sah und auch
Kartoffeln sah man viel mehr als zu gegenwärtiger
Zeit. Es hat am Triesenberg noch manche schöne
ebene Stellen Landes z.B. auf Gnalp, Rotenboden,
Letzi, Frommenhaus usw., wo man sogar bequem
anpflanzen könnte. Was den Hemmschuh betr. An
bausamen anbelangt, liegt die Sache so: Wir stehen
jetzt schon im fünften Kriegsjahre, in dieser Zeit
wäre es möglich gewesen, sich Anbausamen zu ver
schaffen. Manche Leute im Lande hatten vor dem
Kriege auch nicht soviel gepflanzt wie heute, aber
da kam man zur Einsicht, dass mehr gepflanzt wer
den muss und die schönsten Wiesen mussten um
gepflügt werden und den Anbausamen musste sich
jeder selbst beschaffen, besonders Saatkartoffeln. Es
haben sich sogar Triesenberger hier in Balzers selbst
geäussert, sie hätten mehr anpflanzen sollen aber
sie haben immer gehofft, der Krieg gehe bald dem
Ende zu, und somit sei die Sache unterblieben. Was
die Rentabilität zwischen Ackerbau und Viehzucht
anbelangt, ist zu erwähnen, dass in normalen Zei
ten 1 kg Butter Kr. 2.40 bis Kr. 2.50 und heute Kr.
20 bis Kr. 30 also das lOfache beträgt. Ein Zentner
Heu kostete 4 bis 5 Kr. und heute sind dafür 50 bis
60 Kr. bezahlt worden. Und dann muss auch noch
erörtert werden, dass für den Ackerbau die Taglöh
ne um ein Bedeutendes gestiegen sind. Auch sind
die Pachtzinse für Pflanzboden gestiegen, selbst bis
zum Kaufpreis gegen früher. Was Wag und Gefahr
zwischen Ackerbau und Viehzucht anbelangt, wol
len wir kurz anführen: Im Jahre 1895, am 21. Juli...
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